Die Jazzrausch Bigband wird zehn Jahre und geht in die Kleine Olympiahalle

Interview mit Roman Sladek, der vor zehn Jahren die erfolgreiche Jazzformation gründete. Jetzt gibt es einen "Surround Sound Super Rave"
Adrian Prechtel |
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Live immer in Großformation - wie hier in der Muffathalle: Die Jazzrausch Bigband.
Sebastian Reiter 4 Live immer in Großformation - wie hier in der Muffathalle: Die Jazzrausch Bigband.
Die Jazzrausch Bigband. Diesmal geht es in die Kleine Olympiahalle.
Sebastian Reiter 4 Die Jazzrausch Bigband. Diesmal geht es in die Kleine Olympiahalle.
Live in der Muffathalle
Sebastian Reiter 4 Live in der Muffathalle
Bläsersound ist der Schwerpunkt
Sebastian Reiter 4 Bläsersound ist der Schwerpunkt

Der Posaunist und Bandleader wurde 1989 in Roth bei Nürnberg geboren. Er studierte klassische Posaune an der Hochschule für Musik und Theater München und im Anschluss Jazzposaune sowie Kulturmanagement. Ursprünglich war die Formation eine Gründung von Studierenden der Münchner Musikhochschule, die im Frühjahr 2014 Hausband der Konzertreihe "Jazzrausch" im Münchner Club Rausch & Töchter wurde. Nachdem der Club schließen musste, übersiedelte die Jazzrausch Bigband in den Technoclub Harry Klein. Das Ungewöhnliche einer Jazz-Bigband mit vielen Bläsern und Elektromusik blieb bis heute, auch wenn sich Klassik- und Swingelemente untermischen. Roman Sladek ist der Gründer dieses Jazzphänomens und immer noch als Leader und Posaunist entflammt dabei.

Die Jazzrausch Bigband. Diesmal geht es in die Kleine Olympiahalle.
Die Jazzrausch Bigband. Diesmal geht es in die Kleine Olympiahalle. © Sebastian Reiter


AZ: Herr Sladek, nach zehn Jahren im Jazzrausch, als Clubband, in der Isarphilharmonie, im Ballsaal des Bayerischen Hofs: Könnten Sie noch Leopold Mozarts Posaunenkonzert spielen?

ROMAN SLADEK: Bei jedem guten Künstler wird aus einer anfänglich ausgebildeten Universalität eine Spezialität. Ich spiele also nicht mehr so gut klassische Posaune wie jemand, der das neun Stunden am Tag übt. Andererseits habe ich große Bühnenerfahrung und eine größere Souveränität als nach dem Hochschulstudium. Kurz: Ich würde es riskieren, bei den Münchner Symphonikern nach kurzem Üben einzuspringen.

Und umgekehrt? Könnte ein Posaunist der Symphoniker bei Ihnen schnell man an einem Abend einsteigen.

Das ginge auch, wenn er flexibel ist, was die Symphoniker alle sind. Nicht umsonst haben wir im Dezember zweimal beim Weihnachtskonzert zusammen die Isarphilharmonie gefüllt. Jeder war in seiner Profession, aber wir waren zusammen.

Was ist den die Profession der Jazzrausch Bigband?

Das klingt erst einmal beliebig: Programmvielfalt. Aber es ist unser Anspruch, häufig an einem Ort spielen zu können, anstatt mit einem Programm um die Welt zu touren, was wir auch machen. Wir spielen aber vor allem immer neue Inhalte und so ermüden wir das Publikum nicht, das ist unser Anspruch und das Versprechen. "Mahlers Breakdown" mit der Bearbeitung der 5. Sinfonie im September, dann ein 3D-Kopfhörerkonzert für St. Lukas, dann zweimal Weihnachten. Jetzt kommt das Jubiläumskonzert in der Kleinen Olympiahalle zum 10-Jährigen: mit Sourroundsound-System, Pyro und neuer Bühnentechnik.

Bläsersound ist der Schwerpunkt
Bläsersound ist der Schwerpunkt © Sebastian Reiter

Das sind aber Äußerlichkeiten. Was ist denn musikalisch geboten?

Wir machen kein klassisches, nostalgisches Best-of. Es ist eher eine Leistungsschau, was wir nach zehn Jahren alles draufhaben.

Gab es in zehn Jahren Jazzrausch nicht auch mal einen Absturz?

Nein, nicht einmal einen Kater. Allenfalls kurzes Innehalten mit der Frage: Was erhalten wir, was entwickeln wir weiter? Wenn man bei einem Stil und Thema bleibt, langweilt man das Publikum und verliert es.

Was kann man als die DNA aber immer wiedererkennen?

Vielleicht, dass alle auf der Bühne wirklich glücklich sind.

Ich meine: musikalisch?

Die schwierige Balance aus kommerziell erfolgreicher Musik, die immer mit einer gewissen Einfachheit einhergehen muss, und dem hohen musikalischen Anspruch. Wir könnten ohne Probleme künstlerisch sehr intellektuell und ausgefuchst sein und vor 60 Leuten zu spielen. Aber wir sind eine Bigband, wir müssen Publikum ziehen, um überleben zu können. Da könnte man es sich aber auch bequem machen und swingend auf Breitenwirkung zielen. Das Schwere ist also, mit einem künstlerischen Anspruch ein großes Publikum anzusprechen. Wie viele im Publikum dann wirklich Brahms, Beethoven oder wie im Herbst Mahler heraushören, spielt auch keine Rolle. Es geht darum, den Menschen das Gefühl zu geben, etwas Geiles und Besonderes erlebt zu haben. Und wenn dann noch einige merken, wie sich unser Komponist Leonhard Kuhn mit Mahler oder Brahms beschäftigt hat, umso besser. Es geht aber nie um Cover-Versionen der Gassenhauer eines Klassikstars. Man kann unsere Musik also auf mehreren Ebenen genießen.

Live in der Muffathalle
Live in der Muffathalle © Sebastian Reiter

Die Jazzrausch Bigband ist beim Label ACT verlegt. Deren Chef, Siggi Loch, hat mal gesagt: Der Jazz hörte auf, die Mainstream-Popmusik zu sein, als er nicht mehr tanzbar war, zu intellektuell und sophisticated wurde.

Wir sind da eben die moderne Gegenbewegung. Dass Bigbands in großen Tanzlokalen und Tanzhallen gespielt haben, war ja die populäre Zeit des Jazz. Und dass wir die Hausband eines Techno-Clubs waren, knüpft da historisch genau wieder an, auch wenn das bei einer eigentlich elektronischen Musik, überraschend und neu war. Aber viele unserer Musiker sind ja mit Techno und HipHop aufgewachsen. So haben wir konzertanten Techno gemacht.

Was ist dann für Sie Jazz heute?

Für mich ist Jazz eher eine Art, an Musik heranzugehen als ein bestimmter Klang oder ein Genre. Es geht um die Auseinandersetzung mit dem Umfeld: die anderen Musiker, auf die man eingeht und reagiert, dass man improvisiert, dass man den Raum und die Location einbezieht. Und dann spielt die Zusammenstellung von Themen, Menschen, Publikum eine große Rolle und dass man das gestaltet. Das klingt erzählt erst einmal etwas abstrakt, aber man kann das alles bei uns hören - wie jetzt am Samstag als Bigband in der Kleinen Olympiahalle, wo sonst Rock- oder Popkonzerte sind oder große Ausstellungen oder die Fetischmesse. Das ist interessant. Aussagen wie "Jazz finde ich nervig" oder "Techno und HipHop ist doch nur Gestampfe": Diese Ideen fegen wir spielerisch weg. Wir wollen positiv überraschen.

Bläsersound ist der Schwerpunkt
Bläsersound ist der Schwerpunkt © Sebastian Reiter

Aber wie kriegt man die Leute aus ihrer selbstgewählten Kulturblase?

Das ist das Herausfordernde für alle, die Kultur anbieten. Aber wer einmal erlebt hat, wie belebend es ist, wenn das, was man hören oder sehen wollte, nicht nur befriedigt wurde, sondern man inspiriert wurde, der kommt immer wieder. Weil er einen vertrauten Jazzrausch Bigband-Sound bekommt, aber wir uns immer weiter entwickeln. Vertrauen schaffen und durch Irritieren das Publikum inspirieren: Das ist es!

10 Jahre Jazzrausch Bigband - "Surround Sound Super Rave": Samstag, 17. Februar, Kleine Olympiahalle; Einlass 18:30 Uhr, Beginn 20 Uhr /Keine Bestuhlung, 39,95 Euro, www.jazzrauschbigband.de

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