Die ganze Stadt wird Bühne

Das 40. Nürnberger Bardentreffen lockt 80 Bands, unzählige Straßenmusiker und über 200 000 Besucher
Volker Isfort |
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Wie machen die das nur? Mit einem vergleichsweise bescheidenden Etat von knapp 400 000 Euro stemmt Nürnberg 96 Konzerte an vier Tagen. Das größte Weltmusiktreffen des Landes – bei freiem Eintritt. Zur 40. Ausgabe des Bardentreffens gab sich dann auch die Sonne gnädig. Nicht unerheblich für ein Festival, das aus elf Open-Air-Bühnen besteht.

Rund 23 000 Menschen finden vor den Spielstätten gleichzeitig Platz, aber das gilt ja nur für das offizielle Programm des Bardentreffens. In Wahrheit ist die gesamte Altstadt Bühne und Straßenfest. Auf rund 1000 Sänger und Gruppen schätzt Festivalleiter Rainer Pirzkall die Menge der Straßenmusikanten, die in Nürnberg drei Tage lang schon ab mittags alle paar Meter aufspielen. In dieser von Zuhörern umlagerten, sympathischen Kakophonie ist ein Durchkommen nur schwer möglich. So stellt sich wohl das Münchner Kreisverwaltungsreferat die Apokalypse vor.

Ein gewachsenes Festival

Die Menschen in Nürnberg aber nehmen das höchst gelassen hin – und Andreas Radlmaier vom Kulturreferat will dafür nicht allein die fränkische Mentalität verantwortlich machen. „Das Bardentreffen ist ein gewachsenes Festival. Zwei Generationen von Besuchern verbinden damit positive Erfahrungen, das friedliche Verhalten ist eingeübt.“ Da bleiben die Ellbogen halt eingeklappt, man genießt besser die Entschleunigung und hört zu.

Neugier und Experimentierfreude sind die Motivation der Festivalmacher. Auf den ersten Blick ist eine Kombination wie Rainald Grebe als „Vorband“ von Fanfare Ciocárlia am Freitag auf dem Hauptmarkt nicht grade zwingend. Aber das ultrabissige Musikkabarett funktioniert auch vor über zehntausend Besuchern, die anschließend ekstatisch mit den Turbo-Bläsern vom Balkan feiern. „Ihr seid das beste Publikum, das wir je hatten“, ruft einer der ergrauten Bläser und schränkt dann dezent ein: „Außerhalb von Rumänien.“

Eine Wundertüte für Musikfreunde

Wenn das mal kein Lob ist. Um große Namen aber dreht sich das Bardentreffen nicht hauptsächlich, auch wenn die 40. Ausgabe am Donnerstag mit einem Jubiläumskonzert von Stoppok und Stephan Eicher begann.

Mit dem guten Ruf und der Atmosphäre punktet Rainer Pirzkall bei der Zusammenstellung der rund 80 Künstler. Hohe Gagen zahlen kann er nicht. So ist das Festival eine Wundertüte für Musikfreunde – und für die Macher selbst: Die Australierin Toby etwa fesselt mit ihrer Band die rund 800 Besucher in der Ruine von St. Katharina mit intensivem Country-Rock – ein wirklich magisches Konzert. „Entdeckt“ hat Pirzkall sie im vergangenen Jahr bei einem Konzert in einer Kneipe in Fürth vor 50 Leuten. „Ich dachte schon, dass Toby das Potenzial hat, hier zu spielen. Aber dass sie so gut rüberkommt, ist unglaublich.“

Ruhe auf der Burg

Es sind genau solche Auftritte, die den Ruf des Festivals als potenzielles Sprungbrett untermauern. Das hat sich bei den Bands und Managern herumgesprochen und bei den Musikfans. Etwa die Hälfte der Besucher nimmt mehrstündige Anfahrten in Kauf. Das macht das Bardentreffen auch bei den Hoteliers sehr beliebt. Vorsichtige Schätzungen belegen zudem, dass die auswärtigen Besucher rund zehn Mal mehr Geld in der Stadt lassen, als das Bardentreffen kostet. „Der Imagegewinn ist ohnehin unbezahlbar“, sagt die Nürnberger Verkehrsdirektorin Yvonne Coulin und lobt, dass die schönsten Ecken der Stadt bespielt werden und tolle Bilder abgeben.

Jedenfalls fast alle. Allein die Burg, das Wahrzeichen der Stadt, thront über dem Festival, ohne daran teilzunehmen. Das Bardentreffen ist städtisch, die Burg staatlich. Und das bedeutet im „roten“ Nürnberg eine Grenze, die auch die Musik nicht spielend überbrücken kann.

Am 8. August laden die Nürnberger Symphoniker zum Konzert in den Luitpoldhain (Eintritt frei); Am 9. August spielen dort u.a. Wolfgang Haffner, Max Mutzke, Roger Cicero, Viktoria Tolstoy (Eintritt frei)

 

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