Die CSU pusht die Paketposthalle
München bekommt einen neuen Konzertsaal“, sagt Ludwig Spaenle mit der ihm eigenen Markigkeit. Im Dezember will sich das Kabinett auf einen Standort verständigen: im ehemaligen Kunstpark Ost oder in der Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke. Bis zur Landtagswahl 2018 soll das Projekt bis zur Unumkehrbarkeit vorangetrieben sein.
So weit, so gut. Und nach zehn Jahren Debatte ist das auch keine schlechte Nachricht. Wären da nicht ein paar Kleinigkeiten: Wer baut? Wieviel kostet es? Wer zahlt? Wer profitiert davon? Wer betreibt den Saal? Wer bestreitet die Folgekosten?
All dies wurde bei einer reichlich naiven Veranstaltung der CSU im Backstage wieder einmal deutlich. Sie sollte die – in der vertieften Standortprüfung des Büros Albert Speer und Partner zweitplatzierte – Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke ein wenig nach vorn pushen.
Mehr offene Fragen als Antworten
Das Podium loderte vor Begeisterung: Der Architekt Ole Scheren forderte dazu auf, wie in Peking oder Shanghai „groß zu denken“. Die Stadtplanerin Andrea Gebhard berauschte sich an der Monumentalität der weltweit größten freitragenden Halle aus Betonfertigteilen. Der Dirigent Alexander Liebreich wies darauf hin, dass in Konzertsälen vor allem Musik gespielt werde und eine künstlerische Intendanz dabei hilfreich sein könnte. Aber da wurde schnell wieder das Thema gewechselt: Vor lauter Architektur kam die Musik kaum zu Wort.
Die Halle befindet sich angeblich in einem guten Zustand, Altlasten soll es nicht geben. Für die Umgestaltung des Inneren liegen naturgemäß nur Ideenskizzen vor. Der Platz reicht für einen großen und einen kleinen Saal, für Nebenräume und Bedürfnisse der Musikhochschule.
Angeblich würde der Umbau maximal 250 Millionen Euro kosten. Leider interessierte sich noch niemand für die Besitzverhältnisse: Der denkmalgeschützte Riesenbau gehört der Post, die dort ein Briefverteilzentrum betreibt. Über den Verkauf an Investoren wird verhandelt. Schon im Juli hieß es bei der ersten Vorstellung des Projekts „Resonanz“, dass die Verträge so gut wie unterschriftsreif seien.
Bloß nicht nach Aubing, Bad Tölz oder Lenggries!
Was die Frage aufwirft: Soll der Staat etwa den Investoren das Grundstück abkaufen? Was sind deren Interessen? Anscheinend die Bebauung des Restgrundstücks um die denkmalgeschützte und kaum abreißbare Halle. Gegen ein lukratives Immobilienprojekt im Umfeld eines Konzertsaals ist nichts zu sagen. Aber es sollte offen darüber gesprochen werden, wenn Steuergelder ins Spiel gebracht werden.
Wer soll den Saal betreiben? Eine Stiftung? Der Staat? Soll die Vermietung im Vordergrund stehen oder das künstlerische Programm? Der Bayerische Rundfunk, dessen Symphonieorchester vom Neubau profitieren würde? Natürlich waren Vertreter des Senders und seiner Klangkörper im Saal. Aber sie meldeten sich nicht zu Wort. Was taktisch klug ist, um jede teure Festlegung im Vorfeld zu vermeiden.
Natürlich wäre es schön, wenn der neue staatliche Konzertsaal als Ausweichspielstätte für die zu sanierende Gasteig-Philharmonie fertig wäre. Der Konzertveranstalter Helmut Pauli fürchtet, dass ihm bei einer städtischen Ausweichspielstätte in „Aubing, Bad Tölz oder Lenggries“ die Abonnenten davonlaufen.
Alle Wortmeldungen aus dem etwa 300-köpfigen Publikum teilten die Begeisterung des Podiums. Ein Hauch von Plebiszit lag in der Luft, ehe die Veranstaltung mit der absurden Behauptung aus dem Publikum endete, die „Resonanz“ sei besonders frauenfreundlich. Spaenle wollte sich nicht festlegen: Er ließ allerdings durchblicken, dass der Bezirksausschuss in Berg am Laim das Werksviertel mit ähnlich heißem Herzen favorisiert wie die Kollegen in Neuhausen.
Unser machtbewusster Kunstminister Ludwig Spaenle hat übrigens als Student unter dem riesigen Betonbogen aushilfsweise Pakete sortiert. Das gab ihm eine gewisse realistische Erdung, die ihn von den anwesenden Visionären angenehm unterschied. Alles ist nun bereits von allen zum Konzertsaal gesagt. Und zwar mehrfach. Nun braucht es realistische Antworten und endlich eine Entscheidung.