Kritik

Die Ärzte im Münchner Olympiastadion: Sie sind erwachsen geworden

Bestgelaunt feuern Die Ärzte im Münchner Olympiastadion ein zweieinhalbstündiges Hitfeuerwerk ab.
André Wagner |
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Sänger und Gitarrist Farin Urlaub.
Sänger und Gitarrist Farin Urlaub. © Jens Niering

München - Woran erkennt man, dass eine Band schon seit vielen Jahrzehnten erfolgreich Musik macht? Am ehesten daran, wenn die Fans aus mehreren Generationen bestehen. Und so war es auch nicht weiter verwunderlich, dass man am Donnerstag beim Konzert der Ärzte im Münchner Olympiastadion zahlreiche Anhänger erleben konnte, die dem Renteneintritt schon näher stehen als ihrem Schulabschluss, während bei den anderen die Abifeier noch gar nicht lange zurückliegt.

Und so haben sich an Fronleichnam das ein oder andere Vater-Sohn- bzw. Mutter-Tochter-Gespann im Stadion eingefunden – quasi ein Rockkonzert als Familienausflug am Feiertag. Weder Alt noch Jung wurden von den Ärzten bei ihrer musikalischen Sprechstunde im Rahmen ihrer "Buffalo Bill in Rom"-Tour enttäuscht.

Die Ärzte im Olympiastadion: Ein Hitfeuerwerk

Die Ärzte wissen, was sie ihren Fans verschreiben müssen: Einfach nur gute Musik und davon gab es am Donnerstagabend mehr als reichlich. Nachdem die Hiphopper der Antilopengang die rund 20.000 Zuschauer schon mal auf Betriebstemperatur gebracht haben und dafür mehr als nur einen "Ja, war ganz nett"-Mitleidsapplaus ernteten, war um 20.25 Uhr dann Partytime mit den Ärzten angesagt.

Bei blau-weißem Himmel ging es unter dem freudigen Gejohle der Fans mit "Himmelblau" so richtig los und schon mit den ersten Takten war klar, in den nächsten Stunden wird es hier jetzt ziemlich laut. Spätestens bei "Lasse redn" hatten die Sitzplätze auf der Gegentribüne ihre Bestimmung verloren und direkt vor der Bühne wirbelten Arme durch die Luft. Der Rezensent dieser Konzertkritik bekam die erste Bierdusche des Abends ab (die zweite gab es dann bei "Hurra").

Vom ersten Moment an feuerte die selbstgekürte "beste Band der Welt" ein Hitfeuerwerk ab und die Fans im weiten Rund bewiesen sich als äußert textsicher und sangesfreudig.

Die Ärzte mit einer Botschaft an Putin

Dabei schwanken die Texte vom absoluten Blödsinn bis hin zu politisch sehr ernsten Botschaften, die auch mit den Jahren an Aktualität leider nichts verloren haben. So griffen die Ärzte mit "Friedenspanzer" auf ein Lied zurück, welches mittlerweile schon 29 Jahre auf dem Buckel hat. Dabei war die Bühne in blaues und gelbes Licht gehüllt und von Bela B. gab es noch ein "Fuck you, Putin" – Botschaft angekommen.

Und was die Ärzte von der AfD oder Nazis halten– nämlich absolut gar nichts –, daraus machten die Berliner Jungs auch keinen Hehl – schönen Gruß an die Ewiggestrigen.

Die Ärzte sind mit den Jahren erwachsen geworden. Auf musikalische Experimente wie in früheren Jahren verzichtete die Band weitestgehend. Gut gelaunt führten die drei Jungs auf der Bühne durch ihren musikalischen Reigen, banden auch immer wieder ihr Publikum mit ein und machten Scherze mit ihren Fans.

Ganz egal, ob es lobende Worte für den zehn-Bier-tragenden Fan gab, der seine Freunde mit kühler Hopfenkaltschale versorgte oder beim Song "Fiasko" die Menge dazu animiert wurde, ein lautes "Huuuuu" zu grölen und sich dabei mit der Faust leicht auf den Kopf zu schlagen, was sich über den restlichen Abend zum Running Gag entwickelte. Auch das Geheimnis, was Farin Urlaub während eines Konzert trinkt, wurde gelöst: Tee. Bela B. hielt es da schon eher mit Rotwein, wovon er vor "Der Graf" auch mal eben ein Viertele wegexte.

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Zweieinhalb Stunden ein Best-of aus vier Jahrzehnten Ärzte-Musik

Nichts davon wirkte einstudiert, sondern eher spontan. Aber es sind genau diese improvisierten Dinge, die den Charme eines Ärzte-Konzertes ausmachen. Es ist wie ein Weihnachtsgeschenk, das man als kleines Kind schon im Kleiderschrank der Mutter gefunden hat. Unterm Weihnachtsbaum weiß man schon, was man bekommt, aber eben nicht, wie es verpackt ist.

Apropos Weihnachtsgeschenk: Bela B. hatte an diesem Abend seine Spendierhosen an und pfefferte etwa zwei Dutzend seiner Drumsticks als Souvenir ins Publikum. Farin Urlaub wollte es seinem Bandkollegen mit seinen Plektra gleichtun, die meisten davon fanden aber nicht den Weg zu den Fans und gingen schon zu Boden, bevor jemand zugreifen konnten. Auch Rod Gonzales, von Bela B. liebevoll als "die Miss Marple unter den Keyboardern" bezeichnet, war beim Plektrenwerfen nicht wesentlich erfolgreicher.

Nach 28 Songs gingen die Berliner Rocker dann erst einmal von der Bühne. Doch nach dem Motto "Das Beste kommt zum Schluss" gab es als Zugaben noch ein kleines Best-of aus fast vier Jahrzehnten Ärzte-Musik. Bei "Schrei nach Liebe", "Junge", "Zu spät" und zum Abschluss dem "Schunder-Song" gaben Band und Fans noch einmal alles um nach zweieinhalb Stunden glücklich und zufrieden den Heimweg anzutreten.

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