Die Abonnenten der Münchner Philharmoniker fordern neuen Konzertsaal
Die ziemlich turbulente Zusammenkunft endete am Freitag in der Philharmonie mit einem Beinahe-Eklat. Schon zuvor hatte die Moderatorin aus Duisburg vor etlichen hundert Abonnenten alle Konzertsaalprobleme schöngeplaudert. Dann brach sie um 19 Uhr aus heiterem Himmel die Versammlung ab. Das Podium müsse für das Konzert um 20 Uhr umgeräumt werden.
So schafft man sich bei seinen Freunden kaum Sympathien für die anstehenden, möglicherweise schmerzenden Veränderungen. Eine Reihe von Abonnenten der Münchner Philharmoniker kam nicht mehr zu Wort. Und so gab es Schimpfen und Buhs in Richtung des städtischen Kulturreferenten Hans-Georg Küppers.
Umbau ab 2020
Der hatte zuvor seine Position dargelegt: Die Stadt investiere in die kulturelle Infrastruktur. Daher wolle sie die zwingend anstehende Sanierung des Gasteig ab 2020 für eine Modernisierung der Philharmonie nutzen. Das Haus müsse für etwa zwei Jahre geschlossen werden. Während dieser Zeit solle die Musik in Ausweichstätten spielen.
Das sorgte für Kopfschütteln, weil Küppers mit leeren Händen kam. Wie eine Interimsspielstätte für 2400 Besucher aussehen könnte, konnte oder wollte er nicht sagen. Viel mehr als Zweckoptimismus hatte er nicht parat: Beim Umbau der Kammerspiele und des Deutschen Theaters sei der Spielbetrieb auch weitergegangen, das Gärtnerplatztheater lebe derzeit munter ohne eigenes Haus.
Das brachte die Abonnenten in Rage. Sie möchten ihre Konzerte im Gasteig hören. Und wenn nicht da, dann in jenem viel diskutierten Neubau, den sich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks wünscht, für den es aber keinen Standort gibt, der konfliktfrei wäre.
Die treuen Besucher der Philis mögen den Gasteig so, wie er ist
Gasteig-Chefin Brigitte von Welser machte deutlich, dass die Sanierung der Haustechnik im Kulturzentrum unumgänglich sei. Aber das wollte niemand hören.
Ein Architekt im Publikum stellte unter Beifall den optimistischen Sanierungs-Zeitplan in Frage. In mehreren lautstark akklamierten Wortmeldungen wurde der Neubau eines Konzertsaals verlangt. Erst wenn ein angemessener Ersatz für den Gasteig geschaffen sei, dürfe mit dem Umbau des städtischen Kulturzentrums begonnnen werden.
Küppers machte deutlich, dass das Rathaus die Neubaupläne des Staates und des Rundfunks nicht behindern werde. Aber die Stadt habe bereits einen Konzertsaal: den Gasteig. Und der müsse akustisch verbessert und veränderten Hörgewohnheiten angepasst werden. Derzeit werde die im Januar zwischen Dieter Reiter und Horst Seehofer vereinbarte „Zwillingslösung“ einer gemeinsamen Nutzung von Herkulessaal und Gasteig durch beide Orchester ergebnisoffen geprüft.
Was Küppers, der Philharmoniker-Intendant Paul Müller und die Gasteig-Chefin eigentlich mitteilen wollten, ging unter: die Studie von Manuel Herz. Der Schweizer Architekt hält es für möglich, innerhalb des bestehenden Rohbaus die Defizite des Saals zu beseitigen und den Erlebniswert für ein jüngeres Publikum zu steigern. Das sind aufregende Ideen für eine Allianzarena der Klassik, die hoffentlich nicht gleich wieder in der nächsten Schublade verschwinden.
Durch den Umbau auf Augenhöhe mit der Elbphilharmonie
Die Skizzen von Herz sind keine baufertigen Pläne. Sie sind als Denkanstoß gedacht. Aber sie belegen, dass es möglich wäre, die Philharmonie in einen Konzertsaal umzubauen, der mühelos mit den Neubauten von Paris, Hamburg oder Luzern konkurrieren könnte. In seiner Idee eines wandelbaren Podiums und der Möglichkeit, die Mitte des Zuschauerraums in eine freie Sitzfläche zu verwandeln, übertrifft er sie sogar.
Die Abonnenten reagierten darauf zurückhaltend. Herz möge seine Gedanken in den Neubau einbringen, so ein Redner. Und ein wenig steckt die Stadt auch in der Argumentationsfalle, wenn gleichzeitig auf dem Podium das Hohe Lied des wunderbaren Gasteig gesungen wird, der von den Medien und interessierter Seite schlechtgeredet würde.
Veränderungen erzeugen Ängste. Küppers müsste deshalb zu den Ersatzspielstätten öffentlich Fraktur reden. Und zwar bald.
Klar wurde durch die Studie von Manuel Herz, dass im Gasteig ungeahnte Möglichkeiten stecken. Hier wäre Konzertsaal-Avantgarde möglich. Und ein wenig wundern darf man sich, wieso die Stadt jahrzehntelang wenig in ihr Kulturzentrum investiert hat. Vermutlich, weil es teuer genug ist, den nur geleasten Gasteig bis 2030 abzubezahlen. Ein Fehler der Vergangenheit.