Der wilde, wilde Westen
Am 7. November kommen The BossHoss mit ihrem neuen Album ins Zenith. Gitarrist Stefan Buehler plaudert über Amerikaträume und Castingshows
Wie fügt man sich in eine Band ein, die sich über Jahre auf ausgedehnten Touren aufein-ander eingeschworen hat? Die Feuerprobe war für Stefan Buehler 2007 gleich eine Kanada-Tour. Mehrere Tausend Kilometer, „zu sechst in einem Fünfsitzer-Auto“, erzählt er. Da lernt man sich kennen – und aushalten.
„Flames of Fame“ heißt das neue Album von The BossHoss. Was 2004 als kleine Berliner Spaß-Combo begann, ist mittlerweile eine felsenfeste Gruppe, die, anders als damals, nur noch Spuren von Country enthalten kann. In Berlin haben BossHoss ein eigenes Studio. Schon immer wurden die Platten ohne den Druck teurer Produktionszeit aufgenommen. Zum Glück gibt es einen Abgabetermin. Der Reiz sich zu verbreiten ist durchaus da.
American Music ist das heute. Allerdings gesehen aus einer deutschen Perspektive, aus der man sich den Sound im „land of the free“ immer etwas größer träumt, als er ist, wenn man ihm in seinem Lebensraum gegenübersteht.
Keine Fragen zu Cowboywissen und Band-Vergangenheit, heißt es in einer kurzen Vorbereitungs-Mail vor dem Interview mit Gitarrist Buehler, den sie Russ T. Rocket nennen. Management-Eifrigkeit, auf die angesprochen Buehler lachen muss. Dumme Fragen kann man immer noch selber abbügeln.
2007 kam er als zu The BossHoss. Sascha Vollmer, Bühnenname Hoss Power, kennt er schon, seit er Ende der 90er nach Berlin gezogen ist. Gemeinsam haben sie in verschiedenen Bands gespielt. BossHoss hat er noch in ihren Anfangstagen begleitet, hat sich dann anders orientiert. Um endlich, nach dem Ausstieg des letzten Gitarristen, zur Band zu stoßen.
Wie sieht die Boss-Struktur aus? „Wir sind eine Band mit einer gewissen Hierarchie“, sagt Stefan. Boss und Hoss sind die Väter des Projekts. Gerade sind die beiden wieder bei „The Voice of Germany“ als Juroren zu sehen. Anbandeln mit einer Castingshow – wie hat das der Rest der Band gesehen? „Das haben wir lange diskutiert, da gab es auch am Anfang ganz viel Skepsis,“ sagt Stefan. Die große Frage nach dem „sell out“, dem Image-Ausverkauf, stand im Raum. „Im Nachhinein würde ich sagen, es war die richtige Entscheidung“. Unbestritten, man hat sich neue Hörerschichten erschlossen.
Und die werden an starke Bilder herangeführt, in deren Outlaw-Posen immer auch ein wenig Ironie mitschwingt. Im Video zu „Do It“ sieht man die Band als Rockergang durch die Wüste knattern. Auf Motorrädern und einem eigenwilligen aufgemotzten Oldtimer. Diesen Spirit, diese Bilder – dazu müsse man tatsächlich nach Amerika fahren, findet Stefan. Und dann immer geradeaus, auf einer von einer Polizeistreife abgesicherten Straße. Wo hat man das sonst. Heute ist Stefan 40. Mit 19 war er das erste Mal in Amerika, in L.A.
Hier haben BossHoss auch ihr Schlagzeug und ein paar Stimmen aufgenommen. Parallel wurde mit dem Videodreh am Erscheinungsbild gearbeitet. Natürlich geht es bei dieser Image-Konstruktion auch um die Selbstwahrnehmung, bestätigt Stefan: „Man fühlt sich schon auch selber ganz gut dabei.“
Im Hinblick auf die anstehende Tour, bereiten sie sich gerade auch sportlich vor – um durchzuhalten. Aber die Bühnenergie wird in Bildern sichtbar: Lichtkonzept, Bühnenkonzept, der Bau von Bühnenelementen für die neue Show. Das aktuelle Outfit soll sich wie im Video in Richtung „Gang“ orientieren.
Das Gefühl amerikanischen Renegatentums nach Deutschland zu bringen – das ist die Mission einer Band, die sich stetig über die Jahre nach vorne gearbeitet hat. Wie er so von der Postkartenkulisse in diesem Traumland spricht, muss Stefan kurz daran denken, wie das war. Damals. Als er die erste eigene E-Gitarre an einen Bassverstärker stöpselte. Aufdrehte und versuchte, Jimi Hendrix’ Nationalhymne in Woodstock nachzuspielen. Die Nachbarn waren nicht begeistert. Das waren Zeiten. Damals, als er 15 war und noch im Jugendzentrum spielte.
The BossHoss: „Flames of Fame“ (Universal)
7. November, 19.30 Uhr: Zenith (Lilienthalallee 29)
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