Der Robert De Niro unter den Pianisten

Fortsetzung folgt: Igor Levit und sein Beethoven-Zyklus im Prinzregententheater
Michael Bastian Weiß |
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Der Pianist Igor Levit.
dpa Der Pianist Igor Levit.

Für seinen Beethoven-Zyklus lässt sich Igor Levit begrüßenswert viel Zeit: Das nächste der Konzerte findet erst in einem halben Jahr im Prinzregententheater statt. Der Pianist verlässt sich nicht nur auf seine makellose Technik. Vielmehr denkt er über die einzelnen Werke wirklich nach, ja, er scheint über ihnen geradezu zu meditieren.

Das versetzt ihn in die Lage, die Charakteristika der einzelnen Sonaten wirklich in ihrem Wesen zu treffen. Als Mittel dazu steht ihm sein schlanker und heller, im Ansatz perkussiver Ton zur Verfügung. Phänomenal ist seine Fähigkeit, in verschiedenste instrumentale Rollen zu schlüpfen. Er ist sozusagen der Robert De Niro unter den Pianisten.

Besonders deutlich wird das an einem eher unscheinbaren Werk wie der selten gespielten Sonate Nr. 11 B-Dur, deren witziges Understatement er mit leichtem, duftigem Anschlag einfängt. Doch kaum erscheint alles als eine bloße Nichtigkeit, schattet sich das Spiel weich ab, wird expressiv und spreizt dann immense Kontraste auf. Auch die frühe Sonate Nr. 3 C-Dur schäumt vor Einfällen über, doch mit sanfter Gewalt zwingt Levit sämtliche auseinanderstrebende Gestalten unter einen sinngebenden Rahmen. 

Eine große Beethoven-Deutung

Unter all den heute wirkenden Beethoven-Pianisten ist Levit einer mit dem größten Talent für die langsamen Sätze, die er in überirdischer Ruhe und langem Atem, dennoch von Spannung durchpulst, entwickelt. Er liebt es aber auch, sich in ein mitreißendes Agitato hineinzusteigern wie in den Ecksätzen der Sonate Nr. 8 c-moll, der populären „Pathétique“, deren Finale fast schneller vorbeirast als erlaubt – und doch könnte das in diesem Augenblick nicht anders sein. Nie geht der Furor auf Kosten der Deutlichkeit.

Das interpretatorische Meisterstück ist an diesem Morgen im Prinzregententheater jedoch die Sonate Nr. 17 d-moll mit dem Beinamen „Der Sturm“. Hier erweckt Levit mit körperlosem Piano eine ferne Traumwelt zum Leben, über weite Strecken klanglich so ausgeklügelt, als ob es sich um zeitgenössische Musik handeln würde.

Immer wieder wird die Stille von diesseitiger Leidenschaft durchbrochen, doch so lange so geschickt zurückgehalten, dass die Entladung am Schluss als Erleichterung erlebbar wird und die Hörer überwältigt sind. Hier ist eine der großen Beethoven-Deutungen unserer Zeit zu verfolgen.

Das nächste Konzert am 25. November 2018 um 11 Uhr im Prinzregententheater, Kartenverkauf ab 18. Juni unter Telefon 089 811 61 91 und auf www.bellarte-muenchen.de

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