Der Mann aus dem Land der Kebabs und Currys
Zweifel vorweg: Nach einer Reihe von Alben, die die Kritik großflächig mäßig aufnahm, veröffentlicht Robbie Williams „Swing Both Ways“. Nachfolger des Verkaufserfolges „Swing When You’re Winning“ von 2001. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft. Warum immer man um die Weihnachtszeit gesteigertes Swingbedürfnis vermutet. 2001 war Williams Pionier des swingenden Pop, Michael Bublé kam erste zwei Jahre später. 2013 vermutet man im Swing die Masche.
Den Titelsong hat Robbie zusammen mit Rufus Wain-wright geschrieben, dessen ungebrochene Judy-Garland-Verehrung hier voll zum Tragen kommt. „Face it, Robbie, you’re a little bit gay“, singt Rufus mit dieser trägen Anmachstimme. „Shall we dance“, fragt Robbie und – doobidoo – setzt voll Stoff das Showorchester ein. „Swing Both Ways“ hat mit Musik nichts zu tun, ist nämlich Ausdruck einer gewissen sexuellen Flexibilität. Dieser schwule Flirt bläst die Muffigkeit aus dem 40er Jahre Sound.
Nächster, großartiger Lacher, die Nummer „No One Likes A Fat Pop Star“ mit der Klangkombination aus Wurlitzer-Orgel und großem Opernchor. Verbeugung vor dieser ersten Zeile: „I come from a land of kebabs and curries“. Wer nach diesem Song noch einmal Robbies Gewicht zum Thema macht, ist eine ganz arme Wurst. Mit den richtigen Leuten an seiner Seite braucht Williams am Ende nur eine Nummer, um sich die Deutungshoheit über das eigene Leben zurückzuholen. Absolut konsequent: die Coverversion des King-Louie-Songs aus dem Dschungelbuch-Disney-Film. Hier mit Olly Murs als Gast. Was für ein Unterschied zum Royal-Majesty-Getue von „Take The Crown“. Mit Kelly Clarkson wird Bobby Russells Nashville-Traum „Little Green Apples“ wiederentdeckt. Und – abgespielt hin oder her – Lilly Allen ist in „Dream A Little Dream“ ein verliebenswertes Crooner-Baby.
Ja, Guy Chambers ist als Songwriter und Produzent zurück, der Mann, der besser weiß, wer dieser Robbie ist, als Williams. Dieser Robbie ist konkurrenzlos und kann deswegen locker mit Michael Bublé im Duett singen. Mit Chambers hat Robbie auch „So Gentle“ geschrieben. Den ersten Hit dieses Albums. Ein Liebeslied an die Tochter. Ein Stück orchestraler Pop, so selbstverständlich melodiös und sanft berührend, wie es nur Pop-Daddy kann. Der hat auf diesem Album wieder Zugang zu seinem Zauber. Sonst noch eine Weihnachtsbotschaft? Ach ja: „Where there’s muck, there’s brass“ auf der Deluxe-Ausgabe mit drei weiteren Songs. Erhebende Blechbläserdröhung. „Wo Dreck ist, ist auch Geld“, heißt das übersetzt. Und was reimt sich auf brass? Genau: „Kiss my arse.“
Darauf eine Pub-Runde Pale Ale.
Robbie Williams: „Swing Both Ways“ (Island / Universal)
- Themen:
- Robbie Williams