Der E-Gitarrenreiter
Verdammt, sieht der jung aus! 59 ist Robert Cray, der Mann, der in die plastikbunte Welt der 80er den Blues brachte. „Nothin But Love” heißt sein neues Album, voll bis zum Rand mit dieser Frischegarantiegitarre. Bei Cray, der bei diesem Interview in der Bar des Sofitel am Hauptbahnhof sitzt, ist alles Musik. Er spricht nicht, nein, seine Stimme schnurrt in eleganten melodischen Bögen.
AZ: Ich habe gesehen, Sie sind auf Facebook aktiv?
ROBER CRAY: Das Publikum mag es. Ich weiß auch nicht immer, was ich da schreiben soll. Aber selbst wenn ich irgendwas reinsetze, interessieren sich die Menschen dafür. Sie bekommen eine Ahnung, wer du bist.
Letztes Jahr wurden Sie in die Blues Hall of Fame aufgenommen.
Ich habe immer gedacht, ich hätte nicht genug drauf, um da eingeführt zu werden. Es gibt ja so viele, die den Blues schon viel länger als ich spielen. Aber dann hatte ich Gespräche mit anderen Menschen, die mir sagten: Das, was ihr Jungs damals in den 80ern gemacht habt, hat aber viel mehr Leute zum Blues gebracht. Ihr habt verschiedene Sounds integriert und die Sache geöffnet.
Als sie anfingen, Gitarre zu spielen, war George Harrison ihr Vorbild. Das muss um die Zeit gewesen sein, als die Beatles zum ersten Mal in Amerika waren.
Haben Sie sie gesehen?
Ich war zu jung, um nach Seattle zu fahren. Ich lebte in Tacoma, Washington, 30 Meilen südlich von Seattle. Meine Eltern waren Beatles-Fans.
Nach Harrison hat sie Hendrix beeindruckt. Hat der Sie zum Blues gebracht?
Nein. Er hat zwar ein paar Bluessachen gemacht. Aber ich wurde im Alter von 16 durch gitarrespielende Freunde von mir zum Blues zurückgeführt. Die hörten Magic Sam und Buddy Guy. Als Gitarristen suchten wir nach coolem Zeug. Damals konntest du noch in einen Plattenladen gehen und die ganzen B.B.-King- und Bluesplatten für zwei Dollar aus der Ramschkiste kaufen. Wir kauften diese Platten und saßen in einem Zimmer rum und träumten davon, Bluesmen zu sein.
Haben Sie die Platten noch?
Ein paar. Ich habe viele verkaufen müssen, um mir was zu Essen zu kaufen.
Platte oder CD?
Ich ziehe Platten vor. Bis heute ist es so, dass wir, wenn wir reisen, in Plattenläden gehen. Ich habe einen Plattenspieler und einen Röhrenverstärker.
Mit all der Bluesgeschichte im Rücken, wie schwer ist es, da ein neues Gitarrenlick zu erfinden?
In diesen Kategorien denke ich nicht. Ich denke in den Strukturen eines Songs. Du baust den Song zusammen. Die Geschichte wird erzählt und du spielst einfach. Wenn du dich in den Rahmen eines Songs begibst, diktiert der Song dir ziemlich genau, was du spielen musst. Ich plane Solos nicht im Voraus.
Wenn man ein Solo spielt, was geht da im Kopf ab?
Es ist wie Sprechen. Es ist als würde man diese Konversation dem Publikum übermitteln. Du versuchst – und es klappt nicht immer – einen Anfang zu haben, einen Mittelteil und ein Ende, um jemanden mitzunehmen durch eine andere Geschichte innerhalb der Geschichte des Songs.
Gerade in den 80ern haben Gitarristen versucht, ihr Publikum mit Geschwindigkeit und Tricks zu beeindrucken.
Ich denke, dass Raum Wunder bewirken kann. Du kannst etwas spielen, oder du kannst nichts sagen. Das weckt Aufmerksamkeit. Die Note, die du nicht spielst, kann genauso wichtig sein, wie die, die du spielst. Das vergessen viele.
Ist die Stratocaster in ihrer ergonomischen Form die Gitarre, die sich dem Körper am besten anpasst?
Sie ist perfekt. So eine einfache Gitarre. Für mich ist das ein Arbeitspferd. Man muss sie eigentlich misshandeln. Ich komme immer mehr dahin. Wenn ich jetzt daran denke, sehe ich Hendrix, wie er diese Gitarren zertrümmert. Sie ist dafür da, missbraucht zu werden. Es ist keine extravagante Gitarre. Drei Potis, der Tonabnehmerschalter.
Bei Hendrix war der Körper ganz in den Sound eingebunden. Ein Ideal?
Hendrix war eingemauert. Ich bin Teil der Band und will hören, was die Band macht.
Robert Cray: „Nothin But Love” (Mascot Records). Am 12. 10. tritt er in der Muffathalle auf.
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