David Robertson und Emanuel Ax im Gasteig

Man kann jahrelang in München Konzerte besuchen, ohne jemals Igor Strawinskys Capriccio für Klavier und Orchester zu begegnen. Das ist schade, denn dabei handelt es sich um ein ausgesprochen frisches Werk aus der neoklassizistischen Periode, das auf barocke Formen anspielt, ohne auch eine Sekunde nach Stilkopie zu klingen.
Emanuel Ax verfügt über den kauzigen Witz, um dieses kurze Klavierkonzert und seinen bisweilen schwarzen Humor angemessen zur Wirkung zu bringen. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks brachte eine Menge Bläser-Witz ein. Aber die trockene Kaltschnäuzigkeit, die für den mittleren Strawinsky unerlässlich wäre, vermochte der Amerikaner David Robertson den Musikern nicht zu entlocken. Leider versteckte der Dirigent auch die vier Solo-Streicher so hinter dem Klavier, dass ihr Beitrag insgesamt etwas zu kurz kam.
Wann geht's mal richtig los?
Joseph Haydns Klavierkonzert D-Dur gab es davor perlend und im historisch uninformierten Stil. Das kann man so machen, trägt aber zur ästhetischen Erhellung wenig bei. Bei Maurice Ravels „Le Tombeau de Couperin“ überhudelte der Dirigent das Tempo zum Schaden der Bläserfiguren im „Prelude“. Der Rest tönte mangels schattierter Tempi und ohne Liebe zum Detail wie eine überdrehte Spieldose. Am Ende, bei der Ballett-Fassung von „Ma mère l’oye“ kam das Orchester der noblen Zurückhaltung und dem Klangzauber französischer Musik näher. Aber auch hier wollte sich kein Glanz einstellen.
In Asien soll das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Ruhmestaten vollbracht haben. Hier, in München, hat die Saison auch im Dezember noch nicht wirklich begonnen.