David Garrett spielt Max Bruch im Gasteig

Nichts gegen eine ökonomische Zeichengebung bei Dirigenten. Bei Myung-Whun Chung jedoch hat man mittlerweile das Gefühl, er habe einen privaten Versuch laufen, wie unbewegt er vor dem Orchester gerade noch verharren kann, ohne dass dieses aufhört zu spielen.
Das erstaunt, da der mitte 60jährige Südkoreaner einer der besten Techniker seiner Generation ist. In der Ouvertüre zum „Freischütz“ von Carl Maria von Weber tritt offen zutage, dass Chung die Musiker der Filarmonica della Scala mit seinen bis zur Abstraktion reduzierten und neutralen Gesten nur bedingt erreicht.
Oft tastet sich der Apparat voran, wodurch nicht nur langsame Tempi durchhängen und schnelle keinen Sog entwickeln. Chung bräuchte nur ein bisschen zu modellieren, um etwa der Hörnergruppe Sicherheit zu vermitteln. Sie könnte somit in der Philharmonie viel weiter ausklingen. Ist Chung zu müde oder unmotiviert, um diese Mühen auf sich zu nehmen?
Nett gegeigt
Allzu genau darf man auch in der Symphonie Nr. 5 von Ludwig van Beethoven in c-moll nicht hinhören, sonst fällt störend auf, dass die Linien der Streicher an den Rändern ausfransen. Wenn sich Chung aber aufrafft, dann können die Streicher schwer auftreten, markieren rasende Passagen wie gestanzt, wirken jedoch auch verklebt und manchmal fast harzig. Eleganz im Zusammenspiel, die sowohl bei Weber als auch fallweise bei Beethoven ihren Platz hätte, darf man nicht erwarten. Andererseits ist es so attraktiv wie der sogenannten „Schicksalssymphonie“ angemessen, dass Chung besonderes Gewicht auf die Bässe legt, die oft geräuschhaft körperlich werden.
Er hat also durchaus eine Vorstellung davon, wie es klingen soll. Das kann man von David Garrett dieses Mal nicht behaupten. Mit Nettigkeit kommt man Max Bruchs Violinkonzert Nr. 1 g-moll nicht bei. Hier walten dunkle Energien, von denen der Geiger nichts zu ahnen scheint. Platte Effekte sind schneller bei der Hand. Misslich ist, wie phantasielos Garrett seinen Part ausbuchstabiert, ärgerlich, wie viele Details dabei unter den Tisch fallen. Er sollte sich einmal mit den großen Interpreten der Aufführungstradition befassen, zumindest aber mit Jascha Heifetz.