Das zweite Preisträgerkonzert

Das zweite der Preisträgerkonzerte mit jungen Meistern und dem Münchner Kammerorchester im Prinzregententheater
Michael Bastian Weiß |
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Das Quartet Amabile bewies nach Ansicht unseres Rezensenten eine konkurrenzlose Homogenität des Zusammenspiels.
Daniel Delang Das Quartet Amabile bewies nach Ansicht unseres Rezensenten eine konkurrenzlose Homogenität des Zusammenspiels.

Für die Musik sind Wettbewerbe hoffnungslos zu simpel gestrickt. Es spielt keine Rolle, wer es am schnellsten, lautesten, längsten kann. Höhere Werte zählen. Dennoch ist der ARD-Musikwettbewerb als einer der weltweit strahlkräftigsten für junge Elitemusiker unschätzbar wichtig. Wer hier gewinnt, darf auf eine echte Karriere hoffen. Einige der Kandidaten, die sich trauen anzutreten, sitzen sogar bereits auf Orchesterstellen, von denen viele andere nur träumen können.

Aber auch das sagt wenig aus über die Kunst, ein Podium wirklich ganz für sich einzunehmen. Gerade, weil sie ganz unterschiedliche Instrumente spielen, lassen sich Katerina Javurková und Michael Karg (jeweils zweiter Preis) zwanglos miteinander vergleichen. Da ist zum einen die Solohornistin der Tschechischen Philharmonie Prag, die in Wolfgang Amadeus Mozarts Hornkonzert Nr. 4 wenig Show macht, doch durch eine unglaublich konzentrierte Interpretation im romantischen Märchenton besticht: Das Piano kann nicht magisch genug sein, im Finalrondo perlen die Jagdsignale locker, jede Phrase ist erfüllt.

Onkelhafter Humor

Dagegen wirkt der Deutsche Michael Karg, immerhin bereits Mitglied der Kontrabassgruppe der Berliner Philharmoniker, weitaus introvertierter. Sein Spiel in Johann Baptist Vanhals Konzert ist kultiviert, doch wird die solistische Brillanz durch schüchterne, bisweilen nachlässige Artikulation limitiert sowie dadurch, dass aus dem etwas onkelhaften Humor des Stückes keinerlei Bildmacht gewonnen wird: Eigentlich müsste hier eine komische und dennoch anrührende Bühnenfigur auftreten.

In Claude Debussys „Danses sacrée et profane“ schöpft die Französin Anais Gaudemard (ebenfalls zweiter Preis) auf engem Raum sämtliche Möglichkeiten der Harfe aus: zwischen schwerelosen Himmelstönen und gleißend perkussiven Zupfattacken. Hier entwickelt sich die engste Verbindung mit dem Münchener Kammerorchester unter Daniel Giglberger.

All das soll nur einen dritten Preis wert sein?

Widerwillig sei zugegeben, dass auch ein Musikwettbewerb dritte Plätze hervorbringen muss. Im Falle der Fächer Horn und Streichquartett war ihre Vergabe heuer problematisch. Mit Carl Maria von Webers Concertino spielt der Franzose Félix Dervaux das wohl heikelste Hornstück überhaupt und provoziert im Prinzregententheater zu Recht Beifallsstürme.

Sein Ton bildet einen Obertonreichtum aus, der einem Wiener Philharmoniker zur Ehre gereichen würde. Die grausamen schnellen Passagen bläst er geradezu aufreizend mühelos, das gleichzeitige Singen und Spielen in der Kadenz ist brillant – und welche weite Strecken Dervaux allein auf einen einzigen Atem nimmt! All das soll nur einen dritten Preis wert sein?

Ähnlich schnöde wurde das Quartet Amabile abgespeist. Dabei haben die vier Japaner in den Vorrunden mit Mozart, Schubert, Bartók, Webern – und nun mit Henri Dutilleux´ farbenprächtigen „Ainsi la nuit“ – stets eine konkurrenzlose Homogenität des Zusammenspiels bewiesen, dazu eine perfekte Balance von sinnlicher Klangzauberei, analytischer Strenge und feinstem Geschmack. Dieses Ensemble verfügt über eine ganz eigene Stimme, die mit einem dritten Preis nicht ausreichend gewürdigt wurde.

 

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