Das Open air auf dem Marstallplatz

„Oper für alle“  am Marstallplatz: Sonya Yoncheva und das Staatsorchester trotzen dem Wetter und spielen gegen Techno an
Michael Bastian Weiß |
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Sonya Yoncheva und das Bayerische Staatsorchester unter Michele Mariotti trotzen dem Regen und den Störgeräuschen.
Wilfried Hösl 3 Sonya Yoncheva und das Bayerische Staatsorchester unter Michele Mariotti trotzen dem Regen und den Störgeräuschen.
Sonya Yoncheva und das Bayerische Staatsorchester unter Michele Mariotti trotzen dem Regen und den Störgeräuschen.
Wilfried Hösl 3 Sonya Yoncheva und das Bayerische Staatsorchester unter Michele Mariotti trotzen dem Regen und den Störgeräuschen.
Sonya Yoncheva und das Bayerische Staatsorchester unter Michele Mariotti trotzen dem Regen und den Störgeräuschen.
Wilfried Hösl 3 Sonya Yoncheva und das Bayerische Staatsorchester unter Michele Mariotti trotzen dem Regen und den Störgeräuschen.

Der wahre Feind des Freiluftkonzertes ist nicht das Wetter. Dem kann man mit Jacken und Schirmen trotzen. Es sind Techno-Beats, die dem Festspielkonzert des Bayerischen Staatsorchesters an diesem Abend den Garaus machen. Zumindest eine Stunde lang. Doch das reicht, um die ganze Veranstaltung für 5800 Zuhörer zu verderben.

Dabei sah zunächst alles so gut aus: Nachdem eine halbe Stunde vor Beginn der Himmel noch einmal seine Schleusen für einen beeindruckenden Platzregen geöffnet hatte und mancher tapferer Konzertbesucher durchnässt ankam, kann dann das Jugendorchester „Attacca“ unter Allan Bergius die „Tragische Ouvertüre“ von Johannes Brahms unter meteorologisch überraschend trockenen Bedingungen spielen, ein wenig vorsichtig vielleicht, leider ganz ohne Attacke – aber die Instrumente waren wohl auch noch nicht so richtig warm.

Krach vom Königsplatz

Eine Uhr schlägt stimmungsvoll neun Uhr, ein leichter Wind kommt auf, der anfangs nur halbvolle Platz füllt sich langsam mit Zuhörern. Das wären eigentlich keine schlechten Bedingungen etwa für die Arie aus „Don Carlos“ oder die Ballettmusik aus „Macbeth“, beide von Giuseppe Verdi. Doch da beginnt ein dumpfes, stampfendes Dröhnen, das sich bedrohlich über den Marstallplatz legt und immer lauter wird, bis es jede menschliche Äußerung erstickt. Die unheilvolle Invasion der Technobeats scheint vom Oben-Ohne-Festival am Königsplatz herüber zu kommen. Die Lautsprecheranlage der Staatsoper jedenfalls hat gegen die geballte elektronische Brutalität keine Chance. Aber kann nicht eine Veranstaltung der Opernfestspiele vor einer solchen Ruhestörung durch bessere Koordination geschützt werden?

Das größte Opfer ist der Gesang der Sopranistin Sonya Yoncheva. Nur, wenn sich der Wind gnädigerweise etwas dreht, kann man wahrnehmen, zu welcher dramatischen Opulenz sich das Organ der bulgarischen Sängerin, die sich in wenigen Wochen bei den Salzburger Festspielen immerhin der ungleich intimeren Opernkunst von Claudio Monteverdi widmen wird, mittlerweile gesteigert hat.

Die Stimme klingt, wenn man es denn hören kann, schwer, die Spitzentöne brauchen in Arien aus Verdis „Il trovatore“, „Don Carlos“, „La forza del destino“ und, zur Zugabe, „Luisa Miller“, gut eine halbe Sekunde zum Einschwingen.

Durchbuchstabiert

Aus der Position des Zuhörers kann man nicht nachvollziehen, ob die Musiker auf der Bühne dem Techno ähnlich stark ausgesetzt sind. Doch das würde helfen zu erklären, warum Michele Mariotti die eigentlich so zündende Ballettmusik aus Verdis „Macbeth“ so schleppend anlegt, ohne elektrisierende Steigerung in der finalen Stretta.

Müssen die Musiker gegen die feindlichen Technobeats anzählen, um überhaupt rhythmisch zusammenzubleiben? Als die Symphonie Nr. 8 von Dvorák anhebt, ist die Störung zwar beendet. Doch so richtig befreit wirkt das Bayerische Staatsorchester dann nicht mehr: Statisch werden die tanzartigen Passagen ausbuchstabiert, der Italiener Mariotti lässt die treibenden Rhythmen in spannungslosen Tempi durchhängen.

Dieses Festspielkonzert wurde nicht durch das Wetter vermasselt, sondern durch die Unfähigkeit der Stadt, die wichtigste Bedingung für Musik zu garantieren: eine wenigstens ansatzweise Ruhe im öffentlichen Raum.

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