Das Luftschloss am Wasser

Mariss Jansons will eine Viertelmillion für einen Konzertsaal spenden. Aber nach dem Wahlkampf dürfte das Projekt erledigt sein, wenn die CSU den kleineren Koalitionspartner nicht mehr braucht
Robert Braunmüller |
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Immerhin – zwei Prozent der Bausumme sind schon beisammen. Mariss Jansons will 250<TH>000 Euro für einen neuen Konzertsaal spenden – das Preisgeld des Ernst von Siemens Musikpreises, mit dem der Chefdirigent des BR-Symphonieorchesters im Juni für sein Lebenswerk geehrt wird. Weitere Spender stehen nach seinen Worten bereit. Sie müssten rund 30 Prozent der auf etwa 120 Millionen Euro geschätzten Baukosten tragen, damit die Vision Wirklichkeit wird.

DIE STUDIE

Ende Januar wird dem bayerischen Kabinett eine Machbarkeitsstudie zum Umbau des leerstehenden Kongresssaals des Deutschen Museums vorgelegt. Kunstminister Wolfgang Heubisch will den Bau, also muss man kein Prophet sein, um das Ergebnis zu ahnen: Eine Isarphilharmonie würde in den alten Kongresssaal passen, der vor der Eröffnung der Gasteig-Philharmonie als großer Konzertsaal der Stadt diente. Mit gutem Willen soll der Neubau mit den Erweiterungsplänen des Museums verträglich sein.

ALTERNATIVEN

Andere Bauplätze haben eine schlechte Verkehrsanbindung. Den öfter genannten Finanzgarten an der Galeriestraße kann man vergessen: Hier würde Bayern wegen zu fällender Bäume sein „Stuttgart 21“ erleben.

WAHLKAMPF

Selbst wenn im günstigsten Fall, noch vor der Landtagswahl im Herbst, ein Kabinettsbeschluss gefasst wird und widerspenstige Abgeordnete aus Franken und Schwaben mit finanziellen Zugeständnissen beruhigt werden, heißt das gar nichts. Der Konzertsaal kommt nur dann, wenn Horst Seehofer nach der Wahl die FDP braucht. Das scheint derzeit unwahrscheinlich. Also wird das Projekt wohl nach der Wahl wieder gestrichen.

KLIMA

Im Gasteig hat Musik nur einen geringen Erlebniswert, der Herkulessaal ist zu klein. Es gibt also viele vernünftige Gründe für einen Neubau. Aber bisher entstand keine Bürgerbewegung wie bei der Pinakothek der Moderne. Angesichts der Debatte um die Staatsnähe und -ferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bleibt es eine delikate Angelegenheit, dass der Staat einen Konzertsaal bauen will, der überwiegend vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks genutzt werden soll.

FUSSANGELN

Falls eine Isarphilharmonie kommt, wird eine Betreibergesellschaft oder Stiftung gebildet. In ihr müssten sich das Deutsche Museum als Hausherr, die Stadt aus Gründen des Baurechts, der Staat als Finanzier und der BR als Hauptnutzer zusammenraufen. Da werden die Fetzen fliegen, weil die Stadt keine Konkurrenz zum Gasteig will und das Museum nur zähneknirschend dabei ist.

NOCH MEHR GELD

Konzertsäle, die nur vermietet werden, gibt es in München mehrfach. Die Isarphilharmonie müsste von einem künstlerischen Intendanten mit eigenem Etat ausgestattet werden. Als Finanzier kommt wiederum nur der Staat in Frage, weil der Rundfunk aus rechtlichen Gründen nicht darf. Über diese Folgekosten wird derzeit nicht einmal diskutiert.

ELBPHILHARMONIE

Hamburgs Versuch, einen Konzertsaal zu bauen, schreckt ab. Sie sollte den Steuerzahler 77 Millionen kosten, mittlerweile sind es fast 600 Millionen. Derzeit gibt es kaum ein Großprojekt ohne Kostenexplosion und Negativschlagzeilen.

ZUKUNFT

Politiker sonnen sich gern im Glanz von Neubauten. Eine Isarphilharmonie ist schön, aber wichtiger wäre eine Renovierung des staatlichen Herkulessaals, der mit einem zweiten Rang erweitert werden könnte. Auch der Marstall liegt brach. Er könnte als variable Bühne für die Staatsoper und das Staatsschauspiel genutzt werden. Und die eigenen Institutionen müssten dem Staat eigenlich doch am nächsten sein.

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