Kritik

Das Konzert der Zweitplatzierten beim ARD-Wettbewerb

Das Münchner Rundfunkorchester mit Preisträgern im Prinzregententheater
Michael Bastan Weiß |
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Das Pacific Quintet in einer Garderobe des Prinzregententheaters.
Daniel Delang 3 Das Pacific Quintet in einer Garderobe des Prinzregententheaters.
Die finnische Sopranistin Aurora Marthens.
Daniel Delang 3 Die finnische Sopranistin Aurora Marthens.
Der Cellist Krzysztof Michalski.
Daniel Delang 3 Der Cellist Krzysztof Michalski.

Siebenhundert Musikerinnen und Musiker aus 58 Nationen: Der ARD-Musikwettbewerb sei in seinem 73. Jahr rekordverdächtig, so verkünden die Veranstalter. Für den austragenden Bayerischen Rundfunks ist das ein Erfolg, den man noch viel stärker in die beste Sendezeit - auch des Fernsehens! - rücken könnte. Aber förderte der Wettbewerb auch Ausnahmetalente zutage?

Einen guten Anhaltspunkt geben die beiden Publikumspreise. Hut ab vor der Geschmackssicherheit der Hörerinnen und Hörer! Aurora Marthens kann mit ihrem weichen, glatten Sopran in Wolfgang Amadeus Mozarts "Dove sono"-Arie aus dem "Figaro" verführerisch leicht dahintupfen und dann mit leiser Spannung allein geradezu schwindelerregend abheben.

Alle verharren noch wie verzaubert, da füllt die Finnin das Prinzregententheater mit der Hallen-Arie aus Richard Wagners "Tannhäuser" bis zum letzten Sitzplatz aus: mit imposanter Stentorkraft in der Tiefe und herrlich eingehüllter, dennoch durchschlagender Höhe. Aurora Marthens ist eine Wucht, die auch das Münchner Rundfunkorchester unter dem so versierten wie inspirierten Matthias Foremny zu lustvollem Spiel ansteckt. Sie hätte einen ersten Preis verdient gehabt.

Ebenso das Pacific Quintet, das neben dem Publikumspreis mit einem zweiten Platz abgespeist wurde. Auch mit viel Fantasie kann man sich nicht vorstellen, wie Mozarts spätes Andante KV 616 besser gespielt werden könnte: Die fünf Bläserinnen und Bläser würden Mozarts Solokonzerten jeweils für sich alle Ehre machen, fügen sich jedoch, so individuell, anspringend, gestisch sie auftreten, doch zu einem klanglich feinstabgestimmten, aber höchst belebten Ganzen zusammen. Schade, dass sie in der heurigen Auftragskomposition, dem Bläserquintett Nr. 1 "Rauhnacht" von Johanna Doderer, spielerisch wie interpretatorisch unterfordert sind.

Dass Krzysztof Michalski neben dem 2. Preis nicht auch den Publikumspreis abräumte, liegt vielleicht an seiner zurückhaltenden Art. Zwar lässt der Pole im Cellokonzert Nr. des amerikanischen Romantikers Victor Herbert die tragischen Motive schicksalsergeben abstürzen, doch nimmt er die Bühne vor allem durch seine unaufdringlich aufscheinende technische Perfektion, konzentrierte Artikulation und die Poesie seines zarten Tones ein.

Neben einer solchen Raffinesse wirkt es fast ein wenig routiniert, wie souverän, aber auch ohne echtes Piano der Franzose llyes Boufadden Adloff das Oboenkonzert von Richard Strauss anfasst. Er ist aber auch schon mit einer guten Orchesterstelle versorgt und kann sich über einen angemessenen zweiten Preis freuen.

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