Das beste AC/DC Konzert in München fand 2003 im Circus Krone statt

Ein Zeitzeuge erinnert sich an das unvergessliche Clubkonzert der Kultband im Circus Krone.
von  Georg Kleesattel
Begeisterte Fans während des Konzertes von ACDC im Circus Krone.
Begeisterte Fans während des Konzertes von ACDC im Circus Krone. © Reinhard Kurzendörfer/Imago

München – Als AC/DC 1973 gegründet wurde, war ich gerade mal zwei Jahre alt. Auch als Bon Scott 1980 viel zu früh von der Erde in den Rockhimmel übersiedelte, hatte ich noch nie etwas von ihnen gehört. Was sich dann relativ schnell änderte, als mein älterer Bruder 1981 mit seiner Band bei uns im Keller probte und ich durch seine Plattensammlung früh meine Leidenschaft für Rockmusik entdeckte.

Geblieben ist die Leidenschaft

Mit AC/DC verbinde ich seither viele Erinnerungen. Als Bub vom Land im Landkreis Eichstätt, der mit seinen Freunden an den Wochenenden in die einschlägigen Rock-Schuppen und -Discos der Umgebung pilgerte, war ich selbstverständlich Besitzer einer Kutte mit AC/DC-Aufnähern. Regelmäßige Ausflüge in die Rockfabrik nach Augsburg und zu Festivals wie "Monsters of Rock" gehörten zum Pflichtprogramm.

Ja, ich gestehe: Ich war ein langhaariger Headbanger aus Überzeugung. Und auch bei meinen ersten eigenen musikalischen Gehversuchen mit ein paar Jungs in der Schule standen unter anderem AC/DC Pate. Die Kassette mit einer wirklich grausamen Aufnahme von "You Shook Me All Night Long" ist glücklicherweise verschollen und taucht hoffentlich auch nie wieder auf.

Weg ist mittlerweile auch meine einstige Haarpracht. Geblieben ist die Leidenschaft für die Rockmusik und vor allem für Konzerte. Die Auftritte von AC/DC gehören selbstverständlich zu den wichtigsten Erinnerungen die Band betreffend. Wie der im Olympiastadion im Mai 2009, bei dem der 12-jährige Sohn meiner Frau erstmals mit uns im "Rock'n'Roll Train" gefahren ist. Wenn AC/DC nun endlich nach langer Zeit wieder in die Stadt kommen, sind wir natürlich wieder gemeinsam am Start.

Eine unvergessliche und einzigartige Erinnerung ist und bleibt aber auch der 17. Juni 2003. Die Info davor verbreitete sich wie ein Lauffeuer. AC/DC kommen nach München, um ein Konzert im Circus Krone zu geben. What? Bedenkt man, in welchen Sphären und Dimensionen die Band zu dem Zeitpunkt schon seit Jahrzehnten unterwegs ist, war dieses "Club-Konzert" eine Sensation und die Nachfrage nach den Karten entsprechend.

"Wahnsinn, wie viele Freunde ich auf einmal hatte", hat mir Krone-Chef Georg Klötzing vor kurzem schmunzelnd erzählt. Und egal mit wem man heute spricht, der damals das Glück hatte, dabei gewesen zu sein. Jeder bekommt so einen ganz bestimmten Glanz in den Augen. Ich selbst konnte mein Glück kaum fassen, als ich über einen Arbeitskollegen eines der heiß begehrten Tickets ergattern konnte.

Passend zum angekündigten "Thunderstruck"

Die Nacht davor konnte ich tatsächlich vor Aufregung kaum schlafen, was zusätzlich vielleicht auch dem Wetter geschuldet war. Drückend und schwül präsentierte sich der Sommer in der Stadt auch am Tag des Konzerts passend zum angekündigten "Thunderstruck". Schon ab Mittag belagerten Fanscharen den Kronebau, die hofften doch noch irgendwie an ein Ticket zu kommen. Während sich Besitzer einer Karte noch in aller Ruhe eine Mass im nahe gelegenen Augustiner-Biergarten gönnen konnten, bevor man sich dann pünktlich zum Einlass in die Schlange der Glückseligen einreihte.

Die unglaubliche überbordende Freude, die hier herrschte, ist auch am Beginn des sehr empfehlenswerten Live-Mitschnitts "AC/DC Live at the Circus Krone" großartig dokumentiert. Und noch weit vor dem Start des Konzertes entfaltete sich diese Freude in lauten Sprechchören, die mit dem ersten Ton von "Hell Ain't A Bad Place To Be" nahtlos in frenetischen Jubel wechselten. Was folgte, waren zwei Stunden pure Energie einer bestens aufgelegten Band.

Angetrieben von der grandios stampfenden Rhythmus-Maschine bestehend aus Phil Rudd, Cliff Williams und Malcom Young, zündete Angus "Zeremonienmeister" Young ein Riff und Solo nach dem anderen, während Brian Johnson sich mit seinem Reibeisen daran machte, die Deckenbalken anzusägen.

Dem Opener folgten mit "Back In Black", "Stiff Uper Lipp" und "Thunderstruck" Songs, die Johnson als Nachfolger von Bon Scott allesamt zu Welt-Hits gemacht hat. Um sich im Anschluss mit Titeln wie "Rock'n'Roll Damnation" und dem live sehr selten gespielten "What's Next To The Moon" eindrucksvoll vor seinem Vorgänger zu verneigen. Mega. Yeah! Noch ein Schluck Bier, Pommesgabel in die Luft und weiter geht der "Bad Boy Boogie".

Der Intuition gefolgt

Mit diesem Song beweisen AC/DC immer wieder aufs Neue, dass sie definitiv die härteste Blues-Band der Welt sind. Und er ist auch an diesem Abend der Soundtrack zum traditionellen Striptease von Angus Young. Hat man alles schon mal gesehen, ist aber immer wieder absolut cool. Und außerdem ist man ja gespannt, was er heute für eine Unterhose trägt. Es ist die schwarze mit den roten Lettern seiner Band. Jetzt aber schnell die Hose wieder hoch, um sich mit "The Jack" und "If You Want Blood" in Richtung großes Glockenläuten zu spielen.

Denn trotz Club-Atmosphäre schwebt auch im Circus Krone die dicke Berta zu "Hells Bells" von der Hallendecke herab. Ebenso wenig fehlen zu "For Those About To Rock (We Salute You) im Zugabenblock die obligatorischen Kanonen, die aus allen Rohren feuern, nachdem die Band zuvor noch Must-Hits wie "T.N.T", "Let There Be Rock" und "Highway To Hell" in die Menge geschossen hat. Die hat trotz mittlerweile gefühlter 60 Grad Raumtemperatur und einem vom Schweiß in einen See verwandelten Boden aber noch immer nicht genug und nötigt der Band mit "Whole Lotta Rosie" eine weitere Zugabe ab, bevor einem das angehende Hallenlicht klar macht: Das wars dann wohl.

Einer Intuition folgend begebe ich mich aber nach dem Verlassen meines Platzes auf der Tribüne nicht wie viele andere nach draußen, sondern in die Arena, um ganz vorne an der Bühne diesen Moment noch kurz nachwirken zu lassen. Viele andere der Gäste haben scheinbar ebenfalls keine Lust zu gehen und skandieren weiter fröhlich und laut "AC/DC, AC/DC …", während die Roadies Mikros aus den Stativen ziehen und die Becken vom Schlagzeug entfernen.

Und dann passiert das Unglaubliche. Die Roadies schrauben die Becken plötzlich wieder ans Drumset und bringen die Mikros zurück. Kommt die Band noch mal zurück? Kann das sein? Ja, es kann. Bei vollem Saal-Licht beglücken AC/DC ihre treuen Fans mit "Girls Got The Rhythm" und die Euphorie kennt keine Grenzen. Die Energie, die in diesem Augenblick herrscht, taugt definitiv zur Stromerzeugung. Ein Muskelpaket, das scheinbar synchron mit Angus einen Striptease vollzogen hat und nur noch in Unterhosen neben mir steht, schreit mir seine Begeisterung laut ins Gesicht.

"Es war ein einzigartiger Abend"

Ich schreie einfach zurück und dann umarmen wir uns, weil gerade etwas passiert, was diesen Konzertabend noch unvergesslicher macht, als er es davor schon war. Und für Georg Klötzing nicht ganz unstressig. "Die Leute, die schon draußen waren, wollten natürlich alle wieder rein, als sie gehört haben, dass die noch mal spielen. Das war schon ganz schön chaotisch, noch dazu, weil es in Strömen geregnet hat. Aber es hat alles gut funktioniert und es war ein einzigartiger Abend."

Und ein im wahrsten Sinne des Wortes heißer. "Wegen des starken Regens konnten wir nicht mal die Luken oben im Dach aufmachen. Ich glaube, heißer war es nur noch bei den Rolling Stones", erzählt Klötzing. Der Regen ist denn auch noch nicht vorbei, als ich nicht nur von der Musik beschwipst schließlich den Heimweg antrete. Was aber ob der Tatsache, dass ich ohnehin schweißgebadet bin, vollkommen egal ist.

Und während ich jetzt diese letzten Zeilen schreibe, tobt draußen ein mächtiges Gewitter, und der Regen läuft in Bächen die Dächer herunter. Kann man nur hoffen, dass das bei den kommenden Konzerten von AC/DC im Stadion anders ist. Und wenn nicht. Auch egal. LET THERE BE ROCK!

AC/DC spielt am 9. und 12. Juni im Olympiastadion, Restkarten ab 140 Euro

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