Das Album "Favourite Stranger“ von Jesper Munk

Die grausame, grausame Liebe ist Jesper Munk auf den Fersen. „Cruel love is coming my way“, singt er auf seinem neuen Album „Favourite Stranger“. Die Liebe ist ganz allgemein dessen Thema, doch mehr noch der Schmerz, den sie oft mit sich bringt. Und Jesper Munk schafft es auf erstaunliche Weise, den Hörer in seinen Gefühlsstrudel hineinzuziehen.
Schon die ersten Klänge des Eröffnungsstücks „Easier“ sind bedrohlich, eine Streicherkakophonie, die klingt wie der dissonante Soundtrack zu einer Depression. Mittenrein spielt Munk ein schleppendes, dunkles Gitarrenriff und singt mit kehliger, elektronisch verfremdeter Stimme die ersten Zeilen. Der Wasserhahn sei undicht, und er ein toter Mann, „the faucet leaks and I’m a dead man.“ Die Musik klingt kein bisschen leichter oder heller als diese Worte, eher noch viel düsterer.
Plötzlich, nach zwei Minuten, verziehen sich die Streicher wie dunkle Wolken, und ein strahlendes Gitarren-Arpeggio lugt hervor, wie ein paar Sonnenstrahlen an einem verregneten Tag.
Aber richtig sonnig wird es nicht. Die Mottozeile des über sieben Minuten langen Liedes fasst zusammen, was bevorsteht: „It’s not getting easier with me.“ Es wird wirklich nicht leicht werden, denn das sehr anspruchsvolle Album „Favourite Stranger“ verlangt dem Zuhörer einiges ab.
Knochentiefe Melancholie
Der Münchner Jesper Munk wurde als Straßenmusiker entdeckt und bald als Blues-Wunderkind gefeiert, auch wegen seiner großartigen Stimme, mit der er so facettenreich seine Gefühle ausdrücken kann. Mittlerweile lebt er in Berlin, dort hat er sein drittes Album aufgenommen. Mit einer Reihe hochkompetenter Musiker hat er auf „Favourite Stranger“ einen Stil und Sound entwickelt, der ihn wie einen Fremden klingen lässt. Jesper Munk hat sich mit Mitte zwanzig neu erfunden.
Spurenelemente von Achtziger-Jahre-Soul sind zu erahnen, von zeitgenössischem R&B, Pop, schleppendem Rock, der an Wilco erinnert, und natürlich Blues. Aber die wichtigste Quelle für diese Musik dürfte der Soul der frühen Siebziger sein. Die Streichersätze auf „Happy When I’m Blue“ klingen wie bei Großmeister Curtis Mayfield. Beim Refrain von „Solitary“, dem überragenden Song des Albums, stellt Munk zwei Melodielinien nebeneinander – eine Kombination von betörender Schönheit. Im Hintergrund schweben himmlische Orgel-Akkorde, hinzu kommt ein soulig-schlichtes Piano. Die Band spielt gefühlvoll, die Arrangements sind so komplex wie schlüssig. Es ist beeindruckend, wie souverän Munk diese durch und durch amerikanische Musik beherrscht.
Doch der Zuhörer muss für die hochdosierten Emotionen bereit sein, die Jesper Munk in seinen Songs offenlegt, für diese knochentiefe Melancholie. Die Musik ist fast durchgängig getragen, die Stimmung tieftraurig, das Tempo schleppend. Nur „Happy When I’m Blue“ und „Icebreaker“ sind leichter und beschwingter, der Rest ist schwermütig, beileibe keine leichte Kost. Auch lässt Munk seine raue Bluesstimme, die Zuhörer sofort beeindruckt, nur beim vorletzten Song „Slow Down“ kurz raspeln. Ansonsten singt er zurückgenommen, verhalten, gedämpft.
Das Ergebnis ist ein kompromissloses, geschlossenes, in sich stimmiges Werk. Und als die Band gegen Ende des letzten Songs „Joy“ zu einer wunderbaren kurzen Coda anhebt, findet es einen würdigen Abschluss.
Jesper Munk: „Favourite Stranger“ (Warner)
Regisseur Lukas von Stein hat Jesper Munk ein Jahr lang bei der Entstehung des neuen Albums begleitet. Der Dokumentarfilm „For In My Way It Lies“ feiert Premiere auf dem Dok.fest München, am 5. Mai um 22 Uhr im Deutschen Theater. Weitere Vorstellungen sind am 9. Mai, 21.30 Uhr (City 2), 11. Mai, 19.30 Uhr (Atelier) und 12. Mai, 20.30 Uhr (Neues Maxim).
Für die Vorstellung im Deutschen Theater verlosen wir 5 mal 2 Karten. Bitte bis Montag mailen an kultur@az-muenchen.de, Betreff: Jesper Munk