Das Aids-Konzert des Münchener Kammerorchesters
Eigentlich entziehen sich Benefizkonzerte der Musikkritik: Der gute Zweck steht bei solchen Veranstaltungen im Zentrum. Ein paar Ausnahmen gibt es – eine ist das jährliche Aids-Konzert des Münchener Kammerorchesters mit seiner ungewöhnlichen Dichte an ausgezeichneten Solisten, die so nur hier in München zu hören sind.
Die Mezzosopranistin Vesselina Kasarova sang zwei Bravourarien aus Mozarts früher Oper „Mitridate, re di Ponto“. Sie brauchte etwas, um sich frei zu singen und betörte dann mit ihrem brustigen, zwischen Mann und Frau changierenden Zarah-Leander-Timbre, das für Kastratenrollen einfach ideal ist. Und sie weiß auch, wie man mit einer virtuosen Kadenz am Ende von „Venga pur“ das Publikum überrumpelt.
Ein echtes Virtuosenstück ist auch das Concertino für Trompete und Klavier, in dem André Jolivet 1948 den späten Neoklassizismus mit einer Prise Jazz aufmischt. Der entspannte Håkan Hardenberger (Trompete) machte es mit Silke Avenhaus (Klavier) zu einer höchst vergnüglichen Angelegenheit.
Maximilian Hornung startet durch
Wie gut Hardenberger und die Kasarova sind, das weiß man. In München bisher weniger bekannt ist der junge kanadische Pianist Jan Lisiecki. Er interpretierte Frédéric Chopins zweites Klavierkonzert: unverzärtelt, kraftvoll und betont dramatisch. Er spielte die Ecksätze forsch, aber nicht gehetzt, das Larghetto gefühlsbetont, aber ohne die modischen Dehnungen und Manierismen. Ein starker Auftritt, leider nur ein wenig getrübt durch das etwas hart spielende Orchester, dem der vorwärtsdrängende Alexander Liebreich etwa im Seitenthema des ersten Satzes die Luft zum Atmen nahm.
Das Beste kam zum Schluss: Robert Schumanns Cello-Konzert, kühn und mit edlem Feuer gespielt vom Maximilian Hornung. Diesem Stück bekommt die kleinere Besetzung stets gut, aber der kräftige Ton des ehemaligen Solo-Cellisten des BR-Symphonieorchesters würde auch in einem größeren Saal als dem Prinzregententheater durchdringen.
Als Zugabe sang die Kasarova die „Habanera“ aus „Carmen“. Sie bezirzte Hornung, den Dirigenten und das Publikum – ein hinreißender Abschluss eines Abend für einen guten Zweck, der im nächsten März mit anderen Solisten wiederholt wird. Worauf man sich schon jetzt freuen darf.