Kritik

Daniele Gatti dirigiert Mahlers Siebte

Der italienische Dirigent überzeugt vor allem mit dem letzten Satz der Symphonie
Robert Braunmüller
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Daniele Gatti bei einer Probe für das Konzert.
CoMerz/Mphil Daniele Gatti bei einer Probe für das Konzert.

Die Siebte ist die mahlerischste aller Symphonien des Komponisten. Der Tonfall ist noch gebrochener als sonst, alles steht in ironischen Anführungszeichen.

Der erste Satz hat etwas von einem Trauermarsch, aber die Soli des Tenorhorns fügen etwas Un- und Übermäßiges hinzu. Die beiden Nachtmusiken beschwören eine serenadenhafte Stimmung in einer Zeit, in der keine Serenaden mehr gesungen wurden. Und das Finale gibt sich zwar monumental, aber irgendwie überschreitet das demonstrative Trompetengeschmetter und das gemeinsame Läuten von Herden- und Kirchenglocken die Grenze zum Unfug.

Bei den Münchner Philharmonikern wagte nun Daniele Gatti einen Versuch mit dieser intellektuellen Symphonie, die nicht gleichsam von selbst fließt, sondern wegen ihrer Verfremdungen vom Interpreten in fast jedem Takt interpretatorische Entscheidungen verlangt.

In diesem Punkt wirkte Gatti anfangs unentschieden. Im ersten Satz strebten die divergenten Teile mehr auseinander, statt zu einer Einheit zu verschmelzen. Wollte der Dirigent die nervöse Unruhe der Musik und den ständigen Stimmungswechsel unterstreichen? Oder bekam er das musikalische Kaleidoskop nur nicht in den Griff?

Anfangs etwas blass

So recht erkennbar wurde das nicht. Vieles, wie beispielsweise der überschäumende Schluss des Satzes, wirkte seltsam gebremst, im Ausdruck blass und nur unzureichend entwickelt.

Auch die beiden Nachtmusiken blieben trotz schön ausgesungener Passagen in ihrem gegensätzlichen Charakter indifferent. Die Philharmoniker spielten alles zu direkt und zu laut, was erst im grellen Scherzo in eine Qualität umschlug: Es entwickelte sich zu einer Art Geisterbahnfahrt musikalischer Grimassen und Gesten.

Das weckte Hoffnungen, Gatti könne vielleicht am ehesten mit dem schwierigen Finale etwas anfangen. Und tatsächlich wurde es zum Höhe- und Zielpunkt der Aufführung. Der Dirigent betonte mit durchaus gemessenen Tempi das Grelle und Überdrehte und Parodistische dieses Satzes, in dem Mahler die Unmöglichkeit eines Jubelfinales komponiert hat.

Das widerspricht allem, was man aus den Werken von Beethoven, Brahms und Bruckner an Feierlichkeit kennt. Aber das ist der Reiz dieses Satzes, den Gatti nach allerlei Unschärfen zuletzt präzise herausstellte. Und so sehr in den ersten Sätzen mancher Wunsch offenblieb, so exemplarisch gelang das Finale.

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