Daniel Barenboims trunken machender Ton

Daniel Barenboim spielt das Klavierkonzert Nr. 5 von Beethoven, Mariss Jansons dirigiert das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Michael Bastian Weiß |
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Daniel Barenboim.
dpa Daniel Barenboim.

Mit der technischen Geläufigkeit jüngerer Pianistinnen und Pianisten, das muss man ehrlicherweise sagen, kann Daniel Barenboim nicht mehr mithalten. Vor wenigen Tagen erst hat die Chinesin Yuja Wang mit den ersten beiden Klavierkonzerten von Ludwig van Beethoven geradezu jongliert. Dagegen wirkt es schon ziemlich unbeholfen, wenn Barenboim sich in Beethovens Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur gleich in den ersten Sekunden vergreift.

Trotz eines eher kommoden Tempos brechen immer wieder einmal kleine Abschnitte der Tonleitern weg oder ertrinken im Pedal. Das übermütige Thema des Finalsatzes stanzt Barenboim nicht ohne Mühen aus dem Flügel. Einem anderen Pianisten würde man so viele kleine Malheurs nicht durchgehen lassen.

Aber dann ist da eben auch dieser trunkenmachend schöne Ton, der sich in den stilleren Passagen in einem honiggleichen Dolce in der Philharmonie ausbreitet – und alle Unwägbarkeiten im Nu vergessen macht. Kein Pianist schafft in den stillen Passagen des Es-Dur-Konzertes eine so magische Atmosphäre, vermag es so hypnotisch, die Zeit scheinbar anzuhalten. Das ist übrigens keine Hexerei.

Ein alter Zauberer

Wie er in Gesprächen selbst betont, weiß Barenboim einfach um die harmonischen Geheimnisse des reifen Beethovens, die weltabgewandte Ferne der exotischen Tonarten etwa. Solche Kenntnisse, aber auch den Mut, sie anzuwenden und damit erlebbar zu machen, haben die wenigsten seiner jüngeren Kollegen. Es ist gut für die Vielfalt des Musiklebens, dass auch ein alter Zauberer wie Daniel Barenboim dieses Werk noch spielt.

Mariss Jansons ist nur einige Monate jünger als sein Kollege, doch naturgemäß könnte er mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks viel schneller musizieren. Generell nimmt er aber selbstredend alle Rücksicht auf seinen Solisten, der nur im langsamen Satz das Tempo eigenhändig, wenngleich subtil, ein wenig bremsen muss. Dass das BR-Symphonierorchester auch im zweiten Teil nicht so recht abheben will, liegt am Stück, der bräsigen Symphonie Nr. 5 B-Dur von Sergej Prokofjew. Zwar ist Jansons wie kein Zweiter dazu fähig, die dicke Instrumentation durch bewusst kammermusikalische Feinheit zu balancieren, doch in den langen und wirren Entwicklungen des Finalsatzes scheint selbst er kurzzeitig einmal die Konzentration zu verlieren.

Das Konzert ist in Kürze auf www.br-klassik.de abrufbar

 

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