Dancefloor-Vampirismus - das neue Album von Justin Timberlake
Schon wieder eine Neue: Justin Timberlake veröffentlicht den zweiten Teil seiner „20/20 Experience“.
Moment, war da nicht gerade erst was? Richtig: Mitte März veröffentlichte Justin Timberlake nach sieben Jahren Pause sein „The 20/20 Experience“. Jetzt erscheint, mit Untertitel, der dazugehörige zweite Teil: „2 of 2“. Es gab eine Zeit, in der Künstler mit Überdruck sich auf einem Doppelalbum verwirklichten.
In umsatzoptimierten Zeiten ist das natürlich Unsinn. Käufer des ersten Albums können deshalb jetzt, wie schon im März, zwischen einer Standard- und Deluxe-Ausgabe des zweiten wählen. Wobei Letztere noch zwei Bonustracks hat. Wer den neuen Timberlake noch gar nicht hat, der braucht dringend die „Complete Series“. Man ahnt es: ein Doppelalbum. Warum eine Veröffentlichung, wenn es auch mit fünf geht.
Auch Teil Zwei hat sich Justin wieder von Timbaland produzieren lassen. Tatsächlich gibt es einen graduellen Unterschied im Ausdrucksdesign. Ging Justin Eins noch tendenziell in Richtung R’n’B-Crooner im Maßanzug, ist Justin Zwei aufgeladen mit ein wenig mehr schmutzigem Sex.
Ungewöhnlich sind in „Drink You Away“ und „Only When I Walk Away“ die aufgemischten E-Gitarren als kleine Pfefferdosis des Wilden. Beeindruckend die skalpellscharfe Bläsersektion in „Take Back The Night“, wo Timberlake mal wieder zum Michael-Jackson-Impersonator wird. Und der Tabla-Beat zu „Murder“, wo Jay Z als Gast Yoko Ono beschimpfen darf, ist Hypnose.
„True Blood“ – der Titel der Nummer, zielt natürlich auf die HBO-Serie, die in Amerika mittlerweile auf die siebte Staffel zusteuert. Zu Synthie-Sirenensounds im schön zwielichtigen Animier-Ambiente mit Bongo-Beat greift Justin zum Dancefloor-Vampirismus. Jugendaffine Sado-Maso-Fantasy-Erotik. Mit knapp zehn Minuten nur leider mindestens doppelt so lang wie nötig. Die Überlänge ist, wie schon beim Vorläufer, unnötige Marotte, die außerhalb der Tanzfläche keinen Mehrwert hat.
Justin Timberlake: „The 20/20 Experience. 2 of 2“ (RCA / Sony Music)