Csárdás, Paprika und würzige Essigtöne
Wie entsteht Musik-Glück? Am ehesten wohl bei Kammermusik, ohne die Eitelkeit eines Dirigenten und das Auftrumpfen-Müssen von 100 Orchestermusikern. Und die Stücke sollten melancholisch sein, denn fröhliche Musik ist nicht wirklich gut.
Im Prinzregententheater stellte es sich ein, dank Jörg Widmann und des Hagen Quartetts. Sie spielten Klarinettenquintette von Mozart und Brahms: zwei Spätwerke voll strömender, melodischer Süße, Weisheit und sanfter Traurigkeit, entstanden am Ende der Lebens- und Schaffenszeit beider Komponisten.
Man kann sich ja öfter an dem reiben, was Widmann seltsam krisenfest und immer konventioneller komponiert. Aber als Klarinettist und hochsensibler Kammermusiker ist der gebürtige Münchner schwer zu übertreffen. In Mozarts Klarinettenquintett KV 581 durfte er mit blühenden Tönen, Melodiegirlanden und Gemurmel tiefer Lagen brillieren. Die vier Streicher begleiteten ihn achtsam, aber vielleicht ein wenig zu sehr auf klassisches Ebenmaß bedacht, das der Primarius mit ein paar Essigtönen würzte.
Bei Brahms wurden gegensätzliche Qualitäten gefordert: Im Herzen des langsamen Satzes würzt die Klarinette die Melancholie mit Csárdás und Paprika. An anderen Stellen tritt sie diskret in den Hintergrund und färbt die Streicherstimmen nur, um im nächsten Moment das musikalische Geschehen zu dominieren.
Widmann meisterte auch diese musikalische Herausforderung. Im Einklang mit seinen Mitstreitern riskierte er freie, aber stets natürliche Tempi, ohne sich als Interpret in den Vordergrund zu schieben. Der langsame Schluss des Klarinettenquintetts, ein leiser Schmerzenslaut des Abschieds, gelang den fünf Musikern bestürzend und eindringlich. Ein ungewöhnlicher, kostbarer Moment musikalischen Glücks und des kammermusikalischen Zusammenspiels.