Brian Mays Konzeptalben: Das sind Antidepressiva

Klar, ich weiß, wir leben in einer Welt im Wandel. Liebe ist überall in Gefahr. Aber zieh doch bitte jede Möglichkeit in Betracht, und wenn du deine Vorsichtsmaßnahmen getroffen hast, dann lass dein Herz über deinen Kopf bestimmen", singt Brian May, Gitarrist von Queen im Lied "Let Your Heart Rule Your Head".
Der Song hätte schon früher veröffentlicht werden sollen
Es ist ein fröhlicher Folkrock-Song, den Brian May schon 1989 für Lonnie Donnegan geschrieben hatte. Er erschien aber nicht wie geplant auf dem Album des "King of Skiffle", sondern erst 1992 auf Brian Mays eigenem Debüt-Soloalbum "Back To The Light", das es ein Jahr nach dem Tod Freddie Mercurys auf Platz sechs der britischen Charts schaffte.
Düsteres Konzept-Album
Heute, fast dreißig Jahre später veröffentlicht Brian May die remasterte Deluxe-Editon zusammen mit dem komplementären Bonus-Album "Out of The Light". "Let Your Heart Rule Your Head" ist der muntere Ausreißer in einem sonst eher düsteren Konzept-Album, das oft mit harten Rock-Riffs gegen Depressionen ankämpft ("I'm Scared", "Rollin' Over") oder sich mit Powerballaden vollends der Melancholie hingibt ("Last Horizon", "Just One Life").
Aus der Dunkelheit hinausfinden
Aber den Humor verliert der Astrophysiker und Tierschützer Brian May nicht ganz, wenn er zum Beispiel schon im kurzen Opener "The Dark" - ein besonders leises Kinder-Schlaflied - auch "We Will Rock You" säuselt. Und wie der Titelsong schon sagt: Es geht darum, aus der Dunkelheit hinauszufinden.
Von 1988 bis 1992 dauerte ursprünglich die Produktion. Freddie Mercury, der 1991 an den Folgen von Aids verstorbene Frontmann von Queen, ermunterte Brian Ende der 80er Jahre zum Solo-Projekt. Und es sind auch noch ältere Musikschnipsel enthalten, beispielsweise aus dem Queen-Album von 1980, dem Soundtrack "Flash Gordon".
Komplexe Geschichten hinter jedem Lied
So hat jedes Lied eine mehr oder minder komplexe Entstehungsgeschichte. Herausragend dabei ist die Ballade "Too Much Love Will Kill You", die es aus rechtlichen Gründen nicht auf das Queen-Album "The Miracle" von 1989 schaffte, aber einer der größten Erfolge für Brian auf Solopfaden wurde mit Platz fünf in den britischen Charts und vielen weiteren Top Ten Platzierungen weltweit.
Die ursprüngliche Queen-Version erschien 1995 auf "Made In Heaven" postum mit Freddies Gesang. Dieses Doppelalbum bedeutet eine beeindruckende Wiederbegegnung mit Brian Mays ausgetüftelter Melodik, seinem technischen Perfektionismus und mit seinem musikalischen Ringen in Gemütsschwankungen.
May profitierte von den Queen-Erfolgen
Es profitiert von den Queen-Erfolgen und ebnet dem Gitarristen den Weg in die Solo-Karriere. In den neuen Liner Notes schreibt der 74-Jährige: "Zu Beginn der Produktion hatte ich keine wirkliche Hoffnung, das Licht zu finden. Jetzt schimmert es schwach und ermutigend." May spricht von "Musik als eine Art Therapie".
Damals hatte er seinen besten Freund Freddie verloren, seine Ehe ging in die Brüche, er hatte Angst, auch seine Kinder zu verlieren, seine Band Queen schien am Ende, sein Vater starb und in London auf der Hammersmith-Brücke war er mehrfach in Versuchung, das Lenkrad herumzureißen, um Suizid zu begehen. Er war vollkommen überzeugt, dass alles vorüber war.
In Gedanken bei Freddie Mercury
Warum heute die Wiederveröffentlichung des Albums mit elf Bonustracks? Es gehe ihm nicht um Ruhm oder Geld, betont Brian, davon habe er genug. Aber er denke heute noch jeden Tag an Freddie. Er sei in Queen und Queen sei in ihm.
Jetzt habe er auch das Gefühl, Freddie sei wieder bei ihm. Es gehe beim Album um Schaffenskraft in dunklen Stunden: "Es ist schwarz, aber es zeigt den Weg zurück ins Licht."
Brian May: "Back to The Light" (Universal Music. 2 CDs, Vinyl, Picture Disc, Music-Kassette, digital)