Kritik

BR-Symphoniker in der Isarphilharmonie: Mit vollem Ernst

Das erste Konzert des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks in der Isarphilharmonie klingt wie der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Robert Braunmüller
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Isabelle Faust und der Dirigent Jakub Hruša.
Isabelle Faust und der Dirigent Jakub Hruša. © Astrid Ackermann

München - Die Geigerin gilt als Spezialistin für das Sperrige: etwa für Robert Schumanns Violinkonzert. Derlei spielt sie beherzt und mit bohrender Intensität. In der Isarphilharmonie machte Isabelle Faust nicht einmal bei der Zugabe eine Konzession ans Gefällige und spielte ein auch Alleskennern unbekanntes Stück des 2005 verstorbenen Amerikaners George Rochberg - um die Akustik der Isarphilharmonie auszutesten, wie Wissende verrieten.

Wenn Brittens Ernst so viel aufregender daher kommt

Die funktionierte auch schon davor, bei Benjamin Brittens Violinkonzert sehr gut. Der Berichtende hörte es aus der achten Reihe, die tatsächlich die fünfte ist und wunderte sich, wieso dieses 1939 absolut auf der Höhe der Zeit komponierte Konzert so selten zu hören ist.

Ja, es lässt äußeren Glanz und Geigen-Talmi vermissen. Aber ist Brittens Ernst, der hier Schostakowitschs Düsternis berührt, nicht viel aufregender, zumal wenn diese Musik so ernsthaft, klar und unverqualmt gespielt wird wie von dieser Geigerin?

Auch der schönste Orchesterklang macht einen nicht zum Kabelac-Fan

Aus Reihe acht ergibt sich in den meisten Sälen kein guter Zusammenklang des vollen Orchesters. In der Isarphilharmonie sind hier kaum Abstriche zu machen, nur die Bläser sind ein wenig in den Hintergrund gerückt.

Dafür wurde am Beginn des eingangs gespielten "Mysteriums der Zeit" von Miroslav Kabelac der feine, runde und kultivierte Ton der Geigen des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks hier in einer Weise erlebbar, wie es in anderen Münchner Sälen kaum möglich ist. Aber auch der schönste Orchesterklang wird einen nicht zum Kabelac-Fan machen: Dieses "Mysterium" wirkt mit viel Getrommel wie eine in die Länge gezogene Variante von Gustav Holsts "Mars" aus den "Planeten".

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Nach der Pause dirigierte Jakub Hruša dann Symphonie Nr. 1 von Dmitri Schostakowitsch. Der Rezensent hatte sich, um des Zusammenklangs willen, in die Reihe 20 zurückgezogen und wurde nicht enttäuscht: Die vielen schönen Pianissimo-Elegien der Solo-Klarinette wirkten aus der Entfernung stets stärker wie das volle Orchester. Hruša motivierte die Musiker zu kontrollierter Kraftentfaltung. Er holte die freche Aufbruchstimmung ebenso heraus wie die skeptischen Momente.

Wer will eigentlich noch im Herkulessaal musizieren?

Für die sogenannte "Klassische Moderne" ist die Isarphilharmonie ideal. Und für die sehr virtuose, dass Brillante betonende Klangkultur des BR-Symphonieorchesters auch. Das erste Konzert der Musiker in diesem Saal hörte sich an wie der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Und das ist auch gut so: Selbst wenn das - mittlerweile gefühlt überflüssige - Konzerthaus im Werksviertel gebaut werden sollte, wird auch dieses Orchester mindestens zehn Jahre in Sendling spielen. Denn der Herkulessaal hat als Vorzug nur noch die zentrale Lage. Als Raum für Musik wird er durch das Sendlinger Interim in seinem jetzigen Zustand optisch wie akustisch noch unattraktiver, als er ohnehin schon seit Jahrzehnten ist.


Am 4. und 5. November dirigiert François-Xavier Roth das BR-Symphonieorchester im Herkulessaal. Auf dem Programm stehen Werke von Debussy, Schönberg und Strawinsky. Karten unter Telefon 089 5900 10880.

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