BR-Symphonieorchester: Frei im dreidimensionalen Raum

Daniele Gatti und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks präsentieren Werke von Berlioz, Wagner und Strauss im Herkulessaal.
Michael Bastian Weiß |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Daniele Gatti bei einer Probe mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Herkulessaal der Residenz.
Astrid Ackermann/BR Daniele Gatti bei einer Probe mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Herkulessaal der Residenz.

Mehrere Sekunden vor einem wichtigen Einsatz schon schaut Daniele Gatti die Violoncellogruppe mit weit aufgerissenen Augen an. Als es soweit ist, macht er mit Armen und Händen eine jener Gesten, bei denen es gar nicht möglich ist, nicht auf den Punkt zu kommen.

Zu allem Überfluss atmet Gatti zusammen mit den Musikerinnen und Musikern auch noch laut vernehmbar ein. In einem Eliteensemble wie dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks würde selbst bei einem ignoranten Dirigenten kein Einsatz verpasst werden. Warum also all der Aufwand?

Die Intensität der Aufführung ist einzigartig

Weil es in der Symphonie fantastique von Hector Berlioz eben auf jedes einzelne Ereignis ankommt. Selbst, wer eine zweistellige Zahl von Aufführungen dieses Ausnahmewerks gehört hat, wird sich kaum erinnern können, diese "Episode aus dem Leben eines Künstlers" je so intensiv miterlebt zu haben. In der bohrend langsam genommenen Einleitung sucht Gatti geradezu das Risiko; sie wird zu einem Bild existentieller Verunsicherung. Allein, wie aufreizend unberechenbar er die berühmte leitmotivische Idée fixe in der Luft zucken lässt!

Crescendi befolgt der italienische Dirigent nicht bloß, sondern macht sie zu Übergriffen, vor denen man instinktiv zurückweichen möchte. Der wuchtige Streicherkörper entfacht einen Durchzug, als ob er von einer einzigen Windmaschine herrühren würde.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Das Finale: Besser geht's nicht

Mit phänomenaler Selbstbeherrschung staut der sechzigjährige Gatti im dämonischen Finale die Energien auf, bis sie sich erst in den letzten Momenten über dem Publikum entladen wie ein wild ausgestoßener Fluch. Gleichzeitig behält das ganze Geschehen noch eine unerklärliche, makabre Würde. Besser geht es nicht.

Die Tondichtung "Don Juan" von Richard Strauss haben die Münchner Philharmoniker gerade unter Krzysztof Urbanski gespielt: orchestral gut geölt, dirigentisch routiniert und dabei so transparent, wie man es in der Isarphilharmonie erwarten kann.

Die Klangwelt von Strauss wird real

Dass das eben durchaus noch besser geht, führt nicht einmal zwei Wochen später Daniele Gatti mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks vor. Die Klangwelt des frühen Strauss wird nicht nur plastisch, sondern als vielfältig gestaffeltes Relief realisiert, mehr noch: Man kann sich in ihr hörend frei bewegen wie in einem dreidimensionalen Raum. Und all das wohlgemerkt im guten alten Herkulessaal!


Das Konzert kann man auf www.br-klassik.de anhören.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.