Billie Eilish: Dieser Stern wird so schnell nicht verglühen
Gut möglich, dass Ihre Kinder schon mal was von Billie Eilish (17) gehört haben. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: die 17-jährige US-Amerikanerin ist mit ihrem Album "When we all fall asleep, where do we go?" soeben auf der Nummer 1 der US-Album-Charts gelandet.
Mit 313.000 verkauften Einheiten hat Eilish damit den zweiterfolgreichsten Verkaufsstart des Jahres hingelegt - nur Superstar Ariana Grande (25, "Sweetener") startete 2019 mit 360.000 verkauften Einheiten von "Thank U, Next" noch erfolgreicher. Bekannt ist die 17-jährige Singer-Songwriterin ihren eingefleischten Fans aber schon etwas länger, über 17 Millionen folgen ihr auf Instagram. Jetzt ist sie im Mainstream angekommen.
Lange hat der Weg dorthin nicht gedauert. Ihre Debüt-Single "Ocean Eyes" veröffentlichte sie Ende 2015 noch auf der Plattform Soundcloud. Da war Billie gerade mal 13 Jahre alt. Dreieinhalb Jahre später wird sie auf dem Coachella-Festival auftreten und eine Welttournee spielen - mit Stopps auf dem Glastonbury-Festival in Großbritannien, dem Lollapalooza in Stockholm und dem Frequency in Österreich. Tiefer, oder höher, kann man kaum eindringen in den Musik-Kosmos.
Das Mädchen mit dem Schlafzimmerblick
Fast 17 Millionen Mal ist "Ocean Eyes" auf Soundcloud mittlerweile angeklickt worden, auf Youtube kommen nochmal fast 100 Millionen Klicks dazu. Und "Ocean Eyes" ist noch nicht mal der meistgeklickte ihrer Songs. "Lovely", ein Duett mit Sänger und Songwriter Khalid (21), bringt es auf 289 Millionen Klicks. Doch wer ist dieses höchst erfolgreiche Mädchen mit dem Schlafzimmerblick und der bunten Oversize-Garderobe?
Am 18. Dezember 2001 kommt Billie Eilish Pirate Baird O'Connell in Los Angeles, Kalifornien zur Welt. Ihre Eltern sind Maggie Baird und Patrick O'Connell. Einen Bruder hat sie auch, Finneas O'Connell, der "Ocean Eyes" eigentlich für seine Band geschrieben hat. Mit ihm schreibt sie auch heute noch ihre Songs, er steht mit ihr auf der Bühne, spielt Gitarre und Drumcomputer. Sie spricht von ihm als ihrem Partner beim Musizieren. Die Mutter begleitet Billie zu Interviewterminen und Auftritten.
Die Eltern haben als Schauspieler gearbeitet, die Kinder zu Hause unterrichtet und den Geschwistern beigebracht, ihre künstlerische Leidenschaft zu verfolgen. Mit acht singt Billie bereits im Los Angeles Children's Chorus, mit elf schreibt sie ihre ersten Songs. Mit 13 ist sie berühmt - oder zumindest mit "Ocean Eyes" viral gegangen. Ein paar Wochen später klingelt das Telefon und die 13-Jährige steht beim Musik-Riesen Interscope unter Vertrag.
Ihre Musik lässt sich schwer beschreiben, das Wort "düster" trifft es aber ganz gut. Der melancholische Gesang ist oft gehaucht, unterlegt von schweren Minimal-Beats. Leise klingen Synthesizer, Piano oder Geige dazu im Hintergrund. Die Texte drehen sich um die Themen Liebe und Angst, Tod und Depression.
Die Inspiration dazu ziehen Billie und ihr Bruder aus Selbsterlebtem und der eigenen Fantasie. "Wir versuchen, das zu schreiben, was jeder denkt, aber keiner sagt", erklärt Billie 2017 ihre Texte. "Wir wollen mit den Lyrics richtig interessant sein und gleichzeitig einen Plauderton treffen."
Zu ihren Einflüssen zählt Billie Eilish Grunge-Bands wie Flyleaf und Nirvana, die Post-Hardcore-Gruppe Hawthorne Heights, aber auch Pop-Größen wie Lana Del Rey (33, "Lust for Life") und Hip-Hop-Riesen wie Childish Gambino (35, "Awaken, My Love!)". Ihr Style drückt die Mischung perfekt aus: die blauen Haare trägt sie wie einst Kurt Cobain, die quietschbunte Oversize-Garderobe könnte bei diversen Rap-Musikern im Schrank hängen.
Bildsprache zwischen Marilyn Manson und "Saw"
In ihren Videos spielt die 17-Jährige mit unterschiedlichen Bildern, oft geprägt von einer gewissen Morbidität: In "When The Party's Over" läuft ihr schwarze Farbe aus den Augen, in "You Should See Me In A Crown" krabbeln schwarz-weise Spinnen auf ihr herum, während sie fast regungslos singt. In "Bury a friend" lässt sich Billie von Händen in schwarzen Handschuhen ins Gesicht fassen, bis die ihr zur Textzeile "I wanna end me" (engl. für: Ich will mich umbringen) ein halbes Dutzend Spritzen in den Rücken jagen.
Sie verwandle Ängste in Kunst, sagt die 17-Jährige jüngst im Interview mit "Spiegel Online", und beschreibt damit ihr künstlerisches Schaffen in wenigen Worten treffend selbst. Ob sie einmal das Schicksal vieler Teenager-Stars ereilt, vom kometenhaften Aufstieg über das gleisende Rampenlicht ins finstere Abseits, lässt sich schwer vorhersagen. Ihre Musik, ihre Texte und Videos sprechen aber definitiv eine eigene Sprache, irgendwo zwischen Marilyn-Manson-Videos und den "Saw"-Horrorfilmen. Und die könnten nicht nur junge Fans noch lange hören wollen.