Bei München-Konzert: Scooter verfremden sehr bekannten Wiesn-Hit

München – Hurra, die 90er-Jahre sind wieder da. Für den neuesten Trend bei Föhnfrisuren und Sneakern schaut man im Glockenbachviertel vorbei. Für alte Trends war die Olympiahalle der richtige Ort. Die drei Jungs von Scooter zeigten auf der "Thirty, Rough and Dirty" Tour, dass ihr millionenfach verkaufter Party-Techno seit 30 Jahren zeitlos angesagt ist.
In ihrer banalen Ballermann-Art, mit Bass und hoher Stimme im Refrain, wagten sie sich sogar an den liebsten Oktoberfest-Hit der Stadt. Die AZ war beim großen Rave-Revival dabei.
Scooter in München: Mit sechzigjährigem Frontmann H.P. Baxxter auf Tour
Während in der MVG die E-Scooter seit Neuestem verboten sind, wird Scooter mit ihrem Elektro-Sound gefeiert und verehrt. Das Gesicht der Band ist der inzwischen sechzigjährige H.P. Baxxter. Anderen Herren in diesem Alter würde man in besagter MVG wohl einen Platz anbieten. Er selbst gönnte sich nur kleine Verschnaufpausen während des Konzerts, um das durchgeschwitzte Glitzer-Shirt oder das Mikrofon zu wechseln.
Neue Mitglieder – altbekannte Sounds beim Scooter-Konzert
Ihm standen die personell immer wieder rotierenden Mitglieder zur Seite. In München drückten Jay Frog und Marc Blou im Hintergrund auf den DJ-Knöpfen herum. Sie durften bei "Bassdrum" den Part von Rapper Finch übernehmen oder mit Flammenwerfern hantieren. Zudem eroberten leicht bekleidete Tänzerinnen die Bühne und wuselten sich zwischen Feuerfontänen und Disconebel hindurch. Da waren sie dann doch wieder ganz nah, die 90er.
Sinnfreie Texte und wummernde Bässe beim Scooter Konzert
Baxxter brüllte seine Zeilen ohne jegliche Meta-Ebene ins Mikro. "How Much Is The Fish", "Hyper Hyper" oder "Move Your Ass" hatten meist nicht viel mehr Inhalt, als es die Titel vermuten ließen. "Ich war neulich auf einer Fähre unterwegs, da hatte ich wieder so eine Inspiration", berichtete er über die Entstehung vom Song "I Keep Hearing Bingo".
Es war auf eine seltsame Art egal, dass eigentlich alle Lieder gleich klangen und als Einheitsbrei daherkamen. Nur durch die Zwischenansagen im fließenden Wechsel von Deutsch, Englisch und seltsamen Rufen wie "Yehaw" oder "Wicked" merkte man, dass ein neuer Song lief. Für einen Abend stand hier Münchens größte Großraumdisko.
Scooter frischt Wiesn-Hit auf ihre eigene Art auf
Das Erfolgsgeheimnis waren dabei die schrillen, hochgepitchten Stimmen, aus den Refrains, die auf den riesigen LED-Wänden sicherheitshalber für die nicht textsicheren Fans noch mal angezeigt wurden. Oder die Melodien, die eigentlich von Peter Maffay ("Nessaja"), Supertramp ("The Logical Song") oder ganz frisch den Sportfreunden Stiller ("Waste Your Youth") stammen. Der Wiesn-Hit "Ein Kompliment" wurde da mit wenigen Handgriffen Scooter-Like umgewandelt. "Wir tragen jetzt Eulen nach Athen – ein Song aus München. Wir sind dankbar, dass auch die Jungs das cool fanden", so Baxxter über die Entstehung.
Scooter in München: Auf seltsame Art ein Kulturgut
Trotz aller Banalität in den Texten ist Scooter eine Art Kulturgut. Ihre Songs sind Torhymnen bei vielen Fußballvereinen. Die Bayern-Fans mussten "Maria (I Like It Loud)" am Wochenende gleich dreimal aus den Boxen im Stadion beim FC Heidenheim hören. Sie brüllten, wie alle anderen, aber trotzdem lautstark das "Döp Döp Döp" in die nicht ganz ausverkaufte Halle.
Als neutraler Zuschauer versuchte man die ständigen Ohrwürmer durch Kopfschütteln beim Blick auf die tobende Masse, die in Bierduschen und Moshpits versank, aus dem Kopf zu bekommen. Klappte nicht! Das war vielleicht der Zauber des Abends.