Bei der Herz-Vergabe wackeln die Pfeiler

Wagner-Tenor Klaus Florian Vogt singt Schuberts „Die schöne Müllerin“ im Herkulessaal
von  Christa Sigg

Helmut Deutsch, der erfahrene alte Lied-Fuchs, grinst sich eins. Mit solchen Dezibelzahlen hat der Pianist eher selten zu tun. Das Gros seiner Schützlinge braucht Anlauf, um auf ein halbwegs ordentliches Forte zu kommen. Lohengrin Klaus Florian Vogt muss sich dagegen bremsen. Bei „Dein ist mein Herz“ wackeln im Herkulessaal die Pfeiler. Welche Müllersmaid hat da den Schneid zu widerstehn?

Allein, es besteht von Anfang an kein Zweifel: Die Sache endet in „kühler Ruh“. Der Wagner-Sänger, der mit Schuberts „Schöner Müllerin“ durchaus Mut beweist, lässt selbst im wanderslustvollsten Freudentaumel ahnen, dass die Seele des naiven Burschen eine verletzliche ist, er schnell an den Rand der Verzweiflung gerät. Und Vogt geht den Zyklus sehr direkt an, nimmt sein Publikum mit auf die Reise, erzählt nie aus wissend soignierter Dieskau-Distanz. Was gerade bei der „Müllerin“ erfrischenden Reiz hat.

Dass manches differenziertere Töne, mehr Farben vertragen könnte und ein besser dosiertes Forte – was soll’s. Man versteht jedes Wort, selbst im  Pianissimo. Und an den entscheidenden Stellen, den traurigen, zärtlichen, rührt Vogt tatsächlich an. Warum also soll alles immer nach Traditionsschema F ablaufen?

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