Beatrice Rana und Gianandrea Noseda als musikalische Unruhestifter

Das Konzert des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks mit Werken von Tschaikowsky, Dallapiccola und Schostakowitsch in der Isarphilharmonie.
Michael Bastian Weiß |
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Die Pianistin Beatrice Rana und der Dirigent Gianandrea Noseda beim Schlussbeifall in der Isarphilharmonie.
3 Die Pianistin Beatrice Rana und der Dirigent Gianandrea Noseda beim Schlussbeifall in der Isarphilharmonie.
Der Dirigent Gianandrea Noseda.
Severin Vogl 3 Der Dirigent Gianandrea Noseda.
Beatrice Rana.
Severin Vogl 3 Beatrice Rana.

Dreizehnmal hat der Rezensent das Klavierkonzert Nr. 1 von Peter Tschaikowsky bislang im Konzert gehört, wenn seine Aufzeichnungen stimmen. Niemand hat jemals den Solopart derart zum Sprechen gebracht wie Beatrice Rana. Jeder der vielen Töne ist völlig durchdacht, wird sorgfältig gesetzt, jede Phrase erzählt eine Geschichte, bisweilen meint man, tatsächlich Worte zu hören, wie einen von der Bühne der Isarphilharmonie herwehenden Gedichtvers.

Beatrice Rana.
Beatrice Rana. © Severin Vogl

Wie macht Beatrice Rana das? Dass sie buchstäblich jede Note mit Bewusstsein spielt, bringt ja für sich noch nichts. Die Italienerin aber ist dazu noch in der Lage, sich mitzuteilen, zu schildern, auszumalen, was da vor sich geht. Eine Geste lässt sie schwingen wie eine elegante Verbeugung, in der Kadenz tobt sie sich aus und endet dann in einem hypnotisierenden Triller in Zeitlupe, ein mehrfach wiederholtes Motiv bekommt beim letzten Mal eine völlig andere Betonung. Wenigstens ein Teil des Geheimnisses der Beatrice Rana ist, wie sie mit starker linker Hand und quasi unabhängig voneinander artikulierenden Fingern die Mehrstimmigkeit des Klaviersatzes herausarbeitet. Den anderen Teil des Geheimnisses behält sie für sich.

Mediterrane Atmosphäre

Eigentlich hätte das Hauptaugenmerk Gianandrea Noseda gebührt, der beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks debütiert - aber Beatrice Rana war einfach zu hinreißend. Ihr italienischer Landsmann hat sich bei früheren Gastspielen als dirigentischer Unruhestifter gezeigt, was hier völlig positiv zu verstehen ist: Die Begleitung des Klavierkonzertes facht er rastlos an und kreiert so mit den klangzaubernden Musikerinnen und Musikern eine unbeschwerte, lichte, fast mediterrane Atmosphäre.

Der Dirigent Gianandrea Noseda.
Der Dirigent Gianandrea Noseda. © Severin Vogl

Für die Symphonie Nr. 6 von Dmitri Schostakowitsch hätte man sich mehr konzentrierte Ruhe und somit formale Stringenz vorstellen können, der die für Noseda typische Sprunghaftigkeit entgegenwirkt. Es gibt aber einen völlig unterschätzten und sträflich vernachlässigten Komponisten, der Gianandrea Noseda direkt hätte auf den Leib schreiben können: Luigi Dallapiccola, dessen 50. Todestag wir heuer feiern.

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Seine "Due pezzi" führte das BR-Symphonieorchester bereits 1955 auf. Dessen Nachfahren machen den Kollegen von damals alle Ehre, koordinieren die heiklen Zerfaserungen des ersten Stückes perfekt und peitschen den Veitstanz des zweiten erregend auf. Hier kommt Noseda seine Nervosität zupass, mindestens erreicht er die überwältigende Expressivität, die der Mitschnitt des genannten Konzertes heute noch wiedergibt. Der Dirigent damals war übrigens Erich Kleiber. Gianandrea Noseda erweist sich ihm als ebenbürtig. Kein schlechtes Ergebnis für ein Debüt.


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