Kritik

AZ-Kritik zu Hollywood Vampires in München: Alice Cooper gibt Vollgas, Johnny Depp mimt die Wachsfigur

Mit vielen Vorschusslorbeeren im Gepäck machten sich die Hollywood Vampires, bestehend aus Alice Cooper, Johnny Depp und Joe Perry, auf den Weg nach München. Doch das Konzert in der Olympiahalle hält den Erwartungen nicht stand.
Moses Wolff |
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Alice Cooper reißt es raus: Die Hollywood Vampires in München.
Alice Cooper reißt es raus: Die Hollywood Vampires in München. © Jens Niering

Viele Fans haben sich richtig viel Arbeit mit ihrem Outfit gemacht: selbstgenähte Vampirkutten, nietenbesetzte, kniehohe Stiefel, perfektes Makeup, pompöse Westen, prunkvolle Ringe und barocke Ketten zieren zahlreiche vorfreudige Besucher, die sich auf einen Abend mit den Hollywood Vampires freuen, eine in Insiderkreisen höchst beachtete Band, bestehend aus dem Aerosmith-Leadgitarristen Joe Perry, der Rockikone Alice Cooper und dem Filmstar Johnny Depp.

Nach dem amtlichen, gitarren- gesangs- und schlagzeuglastigen Auftritt der Vorgruppe in Form der Berliner Rockformation Circus Electric, taucht nach endloser Wartezeit der Hauptact auf. Doch entgegen bisherigen Shows scheint Johnny Depp nicht gerade enthusiastisch dabei zu sein.

Hollywood Vampires in München: Johnny Depp bewegt sich kaum

Zu Beginn des Konzerts sucht er für Bruchteile von Sekunden Blickkontakt zum Publikum. Menschen in den vorderen Reihen können so etwas ähnliches wie ein Lächeln in seinem Antlitz erkennen. Den Hut über seinem Stirnband hat er nach ein paar Minuten abgelegt. Das waren für den gesamten Abend auch seine einzigen Bewegungen.

Es stellt sich die Frage, ob er sich noch immer als Mitglied dieses musikalischen Projektes sieht oder möglicherweise gerade eine Rolle als Wachsfigur für einen Spielfilm über Madame Tussauds einstudiert, die immerhin seit ein paar Jahren eine Filiale in Hollywood eröffnet haben. 

Johnny Depp trank Hollywood-Vampires-Mitglied mit Bravour unter den Tisch

Die Band entstand, als der US-Amerikaner Alice Cooper, der schon immer gern einen zwitscherte, mit Anfang zwanzig, das war 1973, den Trinkerclub Hollywood Vampires auf dem Sunset Boulevard in L.A ins Leben rief und rasch prominente Mitglieder generierte: Janis Joplin, Jim Morrison, Ringo Starr, Keith Moon, John Belushi und John Lennon. Die Aufnahmeprüfung besteht seit Gründung des Vereins darin, ein bereits bestehendes Mitglied unter den Tisch zu trinken.

Eines Tages, viele Jahre später, nämlich im Jahr 2015, kam Johnny Depp im Piratenkostüm hereinspaziert und meisterte das Ritual meisterlich, vereinbarte der Legende nach noch in derselben Nacht mit Cooper die Gründung einer gleichnamigen Band, die Coversongs von David Bowie, The Who und Led Zeppelin zum Besten geben wird. Interessierte Musiker fanden sich im Handumdrehen, ein Album wurde produziert, auf dem Paul McCartney, Slash, Dave Grohl, Brian Johnson und sogar Graf Dracula persönlich, nämlich Christopher Lee, vertreten waren.

Mieser Sound in Olympiahalle trübt das Hollywood-Vampires-Konzert in München

Abgesehen von dem wirklich miserablen Sound in der Olympiahalle, der vermutlich deswegen so dumpf vor sich hinblubbert, weil kaum Lautsprecher aufgehängt wurden, gibt es für die in den hinteren Rängen Sitzenden keinerlei Monitore oder Leinwände, um die Gesichter der Agierenden zu sehen. Manchmal lässt sich gar nicht erlauschen, welcher Song gerade gespielt wird.

Hieraus ergibt sich ein neues Phänomen: Viele Menschen im Publikum halten ihre Smartphones in die Luft, aber ausnahmsweise nicht, um mitzufilmen, sondern um die Akustik durch ihre Handys und den damit verbundenen Kopfhörern zumindest marginal zu verbessern. Der Umzug in eine kleinere Location hätte dem Abend gewiss gutgetan. 

Hollywood-Vampires-Konzert in der Olympiahalle: Alice Cooper reißt's raus

Der einzige, der an diesem Abend wirklich anwesend zu sein scheint, ist Alice Cooper, und der reißt es auch letztlich raus, gesanglich und optisch. Die Glamour-Gruppe Kiss hat zu ihren Gründungszeiten zugegeben, dass das Aussehen Coopers für sie den Ausschlag für ihre Masken war.

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Und auch heute ist sein berühmt geschminktes Horrorfilm-Gesicht mit den schwarzen Mundwinkeln, dem Grusel-Kajal und dem Zombie-Zottelhaar lebendiger denn je, sein Vampir-Rüschenhemd umschmeichelt seinen auch im reifen Alter durchtrainierten Körper und der Totenkopfgürtel über der enganliegenden schwarzen Lederhose wird durch gekonnte Hüftschwünge zu Bowies „Heroes“ in Bewegung gesetzt.

Obwohl Cooper wirklich Vollgas gibt, ist der ganze Abend eher enttäuschend, selbst die zu relativ später Stunde einsetzenden Gitarrensoli von Joe Perry wirken bemüht – und wieso Johnny Depp mitgereist ist, wird nicht so wirklich klar. Vielleicht wollte er, dem Motto der Band entsprechend, einmal so richtig authentisch gespenstisch wirken, was ihm, falls er das vorhatte, fabelhaft gelungen ist, denn eine Wachsfigur wäre in seinem Fall möglicherweise lebendiger rübergekommen als der berühmte Mime selbst.

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7 Kommentare
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  • diejazz am 26.06.2023 18:05 Uhr / Bewertung:

    Ich liebe Musik und gehe auf sehr viele Konzerte, allein im Juni waren es zehn oder so. Auch liebe ich die Künstler der Hollywood Vampires und habe mich auf die Liveshow dieser Legenden wirklich gefreut. Im Gegensatz zu sonst musste ich meiner Begleitung wegen sitzen und ich muss ehrlich sagen, dass ich das Konzert in der Tat entsprechend des Artikels bewerten muss. Dass Johnny verletzt ist, wusste ich persönlich nicht, dennoch wirkte er davon ab nicht sonderlich anwesend. Mag am Geburtstag von Jeff und seiner Trauer gelegen haben. Got it. Ton war absolut unterirdisch und gesehen haben wir in Block O nichts ohne den Zoom unserer Handies, da die Leinwände fehlten. Ich denke, eine kleinere Halle hätte ihnen wirklich besser getan. Von unserem Platz aus sah auch der Großteil der Menge sehr verhalten aus. Beim letztem Lied hat sich die Masse mal gerührt, aber das wird diesen tollen Künstlern nicht gerecht. Hoffe, die anderen Konzerte werden besser. Für alle. Sehr schade.

  • Wadlkrampf am 25.06.2023 22:09 Uhr / Bewertung:

    Das Konzert war wirklich lausig. Ich stand in der Arena. Wenn man sich ein paar Meter zur Seite bewegt hat, war der Bass fast weg. So schlecht hab ich das selten erlebt.
    Die Band hat null interagiert, weder untereinander noch mit dem Publikum. Die Ausnahme war Alice, die Rampensau, sehr cool. Der Autor des Artikels hat das sehr gut beobachtet - wie alles andere auch.
    Insgesamt echt enttäuschend, keine Stimmung, die Leute auf den Sitzplätzen sind erst beim letzten Song aufgestanden. Beim Rausgehen hat man in unverschwitzte, ratlose Gesichter geschaut.
    Eigentlich hätte die Vorgruppe mit Alice Cooper auftreten sollen, dann wäre das witzig geworden.

  • JustMe am 25.06.2023 20:17 Uhr / Bewertung:

    Offensichtlich hat sich derjenige, welcher diesen Artikel verfasst hat sehr gut informiert!
    Erst einmal zum Sound, der Sound war richtig gut, keiner im Golden Circle hatte Schwierigkeiten alles gut zu hören und zu verstehen. Jeder der gefilmt hat, hat deshalb gefilmt weil die Show der Wahnsinn war!
    Auch die Leute, mit denen ich mich nach dem Konzert unterhalten habe, welche nicht im Golden Circle standen, waren begeistert und konnten ebenfalls alles gut hören und verstehen, sowie sehen.
    Bezüglich Johnny Depp, er hatte erst vor kurzem eine Knöchel Verletzung, welche noch nicht ganz abgeheilt ist. Außerdem hat er sich ebenfalls bewegt, er ist mit seiner Gitarre zu seinen Bandkollegen gelaufen, er hat Songs selbst in der Mitte performt. Also davon zu sprechen, das er nur da stand, ist ganz einfach eine Lüge!
    Ich finde, gerade für das alter aller Band Mitglieder,war das Konzert zu 100 Prozent gelungen!
    Keine Ahnung auf welchem Konzert der Verfasser war, aber auf diesen bestimmt nicht!

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