AZ-Kritik zu DJ Bobo in München: Zirkus für die Ohren

München – Es gibt diese DJs, die mit ein paar Cover-Versionen die Charts stürmen. Einige von ihnen verlangen horrende Preise, damit Fans beobachten können, wie eine Playlist abgespielt und hinter dem Plattenteller ein wenig mit den Händen gefuchtelt wird. Und dann gibt es da noch diesen einen ganz besonderen DJ. René Baumann, den die Welt nur als DJ Bobo kennt.
In der Olympiahalle lieferte er bei seiner "Evolution" Tour zwei Stunden Vollgas-Entertainment mit seinen Eurodance-Songs wie "There’s a Party" oder "What A Feeling" ab. Kombinierte und spielte mit Figuren, Formen und viel Farbe. Der Schweizer ist seit 30 Jahren auf den Bühnen unterwegs und hat wenig mit dem modernen DJ-Gehabe zu tun. Ein Plattenteller wurde trotzdem in die Show eingebaut. Die AZ hat sich die Party angeschaut.
Volles Haus auf dem Olympia-Gelände, nicht nur durchs DJ Bobo Konzert
Es wurde ziemlich voll auf dem Olympia-Gelände. Das Stadion mit 70.000 Plätzen füllte zeitgleich Pop-Star Harry Styles. Dazu kamen viele Zaungäste, die ohne Karte auf dem Olympia-Hügel lauschten. Auch DJ Bobo konnte eine ausverkaufte (wenn auch voll bestuhlte) Halle vermelden. Die MVV musste ganz schön ackern, um alle Fans pünktlich zum großen Party-Treffen zu transportieren. Zum Glück sprachen sich die Veranstalter ab und legten immerhin die Enden der zwei Mega-Shows zeitlich auseinander.
19 Trucks transportieren die DJ Bobo Show nach München
Draußen vor der Halle standen 19 Lkws und vier Busse, die die bombastische dreiteilige Bühne nach München schleppten. Die Hauptbühne zierte mal ein riesiger Löwenkopf, aus dessen Maul der Hauptdarsteller zum Start erschien. Dann eine spektakuläre Medusa, eine übergroße Discokugel oder ein Uhrwerk. Im Hintergrund entführten Computer generierte Video-Effekte ins alte Rom, die 70er-Disco-Zeit oder vor Kulissen der West-Side-Story.
Über 20 Tänzer beim DJ Bobo Konzert in München
Zwei Lieder benötigte er und die Halle zum Aufwärmen und schnell wieder vergessen. Nach "La Vida Es" und "Somebody Dance With Me" stand die Halle und sollte sich nur hinsetzen, wenn der Schweizer Discjockey ruhigere Töne anschlug oder gentlemanlike seine Mitstreiter vorstellte. Er brachte rund 25 Tänzer, zwei Background-Sänger und die Eine mit. Seine Ehefrau Nancy, ein echtes Münchner Kindl, sorgte für die Ohrwurm-Refrains und wurde unter großem Jubel als "die Liebe meines Lebens" angekündigt.
DJ Bobo in München: Tanz auf dem Plattenspieler
Aus dem Mittelpunkt der Halle dirigierte er eine digitale La-Ola mit Handylichtern. Im hinteren Teil gab es den Hinweis auf den Discjockey-Beruf mit einem riesigen Plattenspieler, von dem er mit viel Feuer-Einsatz "Pray" und "Everybody" sang.
"Als ich die Idee dafür hatte, sah das auf dem Papier einfacher aus, als es in Wirklichkeit ist", berichtete der Schweizer in einem Interview. Sein Wunsch war es, dass alle Fans einen perfekten Blick auf die durch choreografierte Show haben können. Am Wochenende in Oberhausen ging es eine Stunde später los, weil der Tross zuvor auf der Autobahn stecken blieb. Eine solche Panne in München hätte die MVV wohl richtig ins Schwitzen gebracht.
Schweißperlen gab es dann aber nur drinnen zwischen den Bühnen. Absperrungen und Zäune suchte man vergebens. Die Tänzer sprinteten durch die Reihen. Mal mit Rollschuhen oder Diskokugeln auf dem Kopf. Baumann nebst Frau schüttelte alle möglichen Hände. Der Mann ist 55, wirkte mit seinem Grinsen und der fröhlichen Schweizer-Art aber wie frisch in den 90ern stecken geblieben. Dazu Spielereien wie Konfettiregen, fliegende Geistergestalten und eine Menge Feuer.
Zwei Stunden Eurodance-Show mit viel 90er-Feeling
Selbst wenn man kein bekennender DJ-Bobo-Fan ist, war man nach über zwei Stunden erstaunt, wie viele Lieder man (noch) kannte. Sei es von einer durchtanzten Bad-Taste-Party mit Konfetti im Haar oder wenn der Lieblings-Radiosender mal wieder einen 90er-Tag einlegte. DJ Bobo ackerte sich durch seine 15 Alben.
Er ist wahrscheinlich einer der Musiker, die in den vergangenen 30 Jahren am meisten unterschätzt und belächelt wurde. Denn selbst wenn er bekennendermaßen nicht der beste Sänger oder Rapper war: Wenn tausende Münchner "Chihuahua" brüllten und sich tänzerisch zum Hund, Pardon, zum Affen machten, konnte in 30 Jahren Karriere so viel nicht falsch gelaufen sein. Ob jedes Instrument wirklich direkt gespielt und jeder Song live gesungen war, blieb fraglich – war aber am Ende völlig egal. Da war 'ne Party! Vielleicht sogar die Größere als drüben bei Harry Styles.