AZ-Kritik: Andreas Gabalier auf dem Königsplatz

Ein Meer aus Handys beleuchtet die 22.000 Menschen auf dem Königsplatz, es ist mucksmäuschenstill: Rauh hört man nur eine Stimme, Andreas Gabalier, der „Amoi seg’ ma uns wieder“ singt - die AZ-Kritik vom Konzert in München.
Alice Hüttl |
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München - Das Lied für seine verstorbene Schwester und seinen Vater ist der emotionale Höhepunkt des zweieinhalbstündigen Open-Air-Konzerts von Andreas Gabalier in München. Für fünf Minuten verschwindet sein Grinsen und er gräbt sich textlich und emotional unter die Oberfläche. Doch dann ist er wieder da: Der selbstverliebte Gabalier, der steif, aber unter großem Gekreische, die Hüften bewegt. Das ist kein sexy Hüftschwung, der von langen Nächten träumen lässt, sondern eben ein echter Gabalierscher Oarsch-Wackler.

Egal, mit seinen 29 Lenzen hat Gabalier genug Erfahrung gesammelt und weiß, wie er die Fans innerhalb von Sekunden auf seine Seite zieht. Man kann es aber auch anbiedernd finden, wenn er die Deutschlandfahne auf dem T-Shirt und rechts als Kotelette trägt, oder als erstes Lied gleich den viel gecoverten Haindling bringt und lauthals mit den Fans „Bayern, des samma mia“ singt.

Das Königsplatz-Open-Air ist das größte Konzert seiner jungen, steilen Karriere. Trotzdem verzichtet Andreas Gabalier auf Schnickschnack - nur „Aaaaaandi“, seine Band und zwei Background-Zuckerpuppen. Die tragen eine moderne, knappe, glitzerglitzer Interpretation von Tracht und dürfen zum Hit „Zuckerpuppen“ wie Roboter tanzen, während die Madln und Buam im Publikum schwungvoll den Tanzboden eröffnen.

Der Steirer traut sich trotz tanzwütigen Fans auch, ruhige Lieder zu, „Schmalz“ zu spielen. Bei „Steirerland“ begleitet er das textsichere Publikum am Klavier und „Für mi bist du schee“ ist eine Liebeserklärung an seine treuen Fans aus „Minga“.

Keine Liebe hingegen hat er für die Medien, die ihm vorwerfen, ein althergebrachtes Männerbild („bärenstark“) und vor allem Frauenbild („Für an gstandenen liabm Buam tät sie onfach olles gebm“) zu propagieren. „Wem gfallts, wenn ich euch Dirndl und Madeln nenn’?“ ruft er seinen Fans zu. Und denen gfallts. Er sieht diese Zeit als eine „genderverseuchte“ und findets „scheußlich“.

Kritik an ihm wurde aber nicht nur in den Medien, sondern auch in sozialen Netzwerken wurde das reaktionäre Weltbild des Musikers dikutiert. Warum einer, der sich öffentlich weigert, die per Gesetz geändert österreichische Bundeshymne „Heimat bist du großer Töchter und Söhne“ mit der Texstelle „große Töchter“ zu singen, auf dem Königsplatz auftreten darf, war großes Thema bei Facebook und Twitter.

Das aber scherte weder den Andi noch seine Fans auf dem Königsplatz. Als Gabalier am Ende auf dem Bühnensteg liegt, der ins Publikum ragt und in den dunklen Nachthimmel grinst, da singen 22.000 Fans „Ohwieistdasschön“ und darum ging’s an diesem Abend, schöne Buam und Dirndln, schöne Heimat und schöner Andreas Gabalier.

 

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