Am Sonntag wäre Jim Morrison 70 geworden
Gesamtkunstwerk aus Sound, Performance und Lyrik: Als Sänger der Doors wurde Jim Morrison zu einem der größten Jugendverderber der 60er.
Sein Ende an diesem 3. Juli 1971 war im Rückblick unausweichlich. Zwingender Schlussakkord eines Kunstlebens und einer Lebenskunst, die die Grenzüberschreitung wollte. Irgendwann musste das irdische Band reißen, das so einen von Drüben immer wieder zurückgeholt hatte. Mit seiner Freundin Pamela Courson hatte Jim Morrison sich zu diesem Zeitpunkt nach Paris zurückgezogen – als bärtiger Poet, der mit 27 Jahren einen Weg zurückgelegt hatte, der ihn und nebenbei die westliche Welt veränderte. Am Sonntag wäre er 70 geworden.
Tatsächlich ist es zum Zeitpunkt seines Todes auf den Monat genau nur sechs Jahre her, dass sich Ray Manzarek und Jim Morrison am Strand von Venice Beach bei Los Angeles wiedertrafen. Die beiden kannten sich aus dem Studium an der University of California. Morrison war hier für Film- und Theaterwissenschaft eingeschrieben, hatte Kurse bei Josef von Sternberg besucht.
Hinter Jim lagen eine Kindheit und Jugend, die entweder zur Kapitulation führen mussten, oder zum Ausbruch: der Vater, ein Marineoffizier, der seiner Familie ständig Umzüge zumutete. Später die Großeltern des Vaters – Presbyterianer, Abstinenzler.
Im Verlag Schirmer/Mosel findet man den Band „Jim Morrison & The Doors. Die kompletten Songtexte“, der unabhängig von dem, was der Titel verspricht, noch eine Reihe Essays und Artikel, darunter eine herausragende Einleitung von Danny Sugerman beinhaltet. Es gibt Morrison-Texte, die, sieht man sie geschrieben vor sich, an ihrem monotonen Reimzwang und großen Worten schwer zu tragen haben.
Dass seinerzeit jeder scheiterte, der einen Keil zwischen Morrison und die Doors treiben wollte, wird in diesem Zusammenhang verständlich. Jim war einer von Vieren, die in dieser Kombination schafften, was bis heute für viele Gruppen unerreichter Maßstab ist: Rock als Orgien-Mysterien-Theater.
Wobei die Doors damals aus allen Kategorien des Rock fielen. Bluesgrundiert, aber mit den eigenwillig klassischen Ornamenten der Orgel – gleichzeitig LSD-hypnotisch, ohne irgendetwas mit Liebe und Frieden zu tun zu haben. Die Bühne wurde Ritualort für die physische und psychische Ausnahmeerfahrung.
Der Auftritt am 9. Dezember 1967 war nur einer, an denen Performer und Publikum sich im Krawall fanden. An diesem Abend wurde Morrison festgenommen. 1969, nach einem Konzert in Miami, wurde ein Haftbefehl unter anderem wegen „unzüchtigen und lasziven Verhaltens“ gegen ihn erlassen.
Unzucht und Laszivität – vereint in dieser Figur in enger schwarzer Lederhose, die, sobald sie zu singen anfing, eine Affäre mit ihrem Mikrofon hatte. Jim Morrison und die Doors haben die Jugend verdorben und untauglich gemacht: für Lyndon B. Johnson, Richard Nixon und ihren Krieg. Bis heute ist das vorbildlich.