Kritik

Allerheiligenhofkirche: Johanna Soller dirigiert Bachs Johannespassion

Zwischen Kunstwerk und Religion: Die Organistin der Stadtpfarrkirche St. Peter, Johanna Soller, findet für die Johannespassion die richtige Stimmung.
Robert Braunmüller
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Johanna Soller.
Johanna Soller. © Schad

Jede Aufführung der Matthäus- oder Johannespassion muss mit dem Problem fertig werden, dass der Komponist monumentale Chöre mit kammermusikalischen Arien kombiniert hat, die von teilweise sehr leisen Solo-Instrumenten wie einer Viola da Gamba begleitet werden. Die einfachste Lösung ist eine kleine Besetzung in einem nicht allzu großen Raum. Da sagen einem dann allerdings die Praktiker, dass das - auf dem freien Markt der Kirchenmusik - ganz schnell sehr teuer wird oder an Selbstausbeutung grenzt.

Eine stimmige Aufführung, nicht nur musikalisch

Johanna Soller, die Dirigentin und Organistin der Stadtpfarrkirche St. Peter, riskierte in der für diese Absicht idealen Allerheiligenhofkirche eine sehr schlank besetzte Johannespassion mit einem 16-köpfigen Chor und den 18 Instrumentalisten ihrer aus freien Musikern zusammengesetzten capella sollertia. Die Balance zwischen Arien und Chören wirkte stimmig. Aber über die historische Stimmigkeit hinaus glückte der Dirigentin auch eine interpretatorisch schlüssige Aufführung, weil es ihr gelang, die theologische (und musikalische) Stimmung dieses Werks zu treffen, das bereits im Eingangschor mit dem dreimaligen Ausruf "Herr!" die Göttlichkeit Jesu hervorhebt.

Vor drei Jahren: Matthäuspassion in St. Peter

Wie schon in ihrer Matthäuspassion vor drei Jahren in St. Peter arbeitete die Dirigentin auch hier in den großen Chören mit einer dramatisch-lebendigen, in der historischen Aufführungspraxis normalerweise etwas unterbelichteten Dynamik. "Ruht wohl", den vorletzten Chor, ließ sie sehr verhalten singen, um dann den Schlusschoral fast triumphal zu steigern und den Tod Jesu in einen Sieg umzudeuten.

Allerheiligenhofkirche: Der richtige Ort für Bachs Johannespassion

Dass es auch einige schwächere Momente gab, etwa die von Richard Resch zwar kraftvoll gesungene, aber von den Streichern arg kraftlos begleitete Arie "Ach mein Sinn", sei nicht verschwiegen. Auch über die Besetzung der Alt-Arien mit einem Altus (William Shelton) ließe sich streiten. Der kurzfristig eingesprungene Raphael Höhn war ein hochrespektabler Evangelist, Zentrum und Herz der Aufführung bildete der Bassbariton Matthias Winckhler als herrscherlicher Jesus.

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Dass auf eine Pause verzichtet wurde, entfernte die Aufführung vom üblichen Konzert-Ritual. Dazu trug auch der Raum bei, der als ehemalige Kirche objektiv genug ist, um Johann Sebastian Bachs liturgische Musik in erster Linie als Kunstwerke wirken zu lassen, ohne den religiösen Kontext gänzlich zu unterschlagen.

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