Alicia Keys in der Olympiahalle: Die Konzertkritik
Eine selbstbewusste Alicia Keys predigt in der ausverkauften Olympiahalle ihre Selbstfindung. So richtig ins Konzert findet die US-Sängerin aber erst gegen Ende. Dann aber steht die Halle Kopf
Für einige ist sie die Stadt der Träume, für andere eine Metropole, die niemals schläft, und Unverbesserliche nennen sie immer noch ironisch einen großen Apfel. Einigen konnte man sich aber auf ihre inoffizielle Hymne – Frank Sinatras aus dem Jahre 1979 stammendes „New York, New York“. Seit Ende 2009 summt die Youtube-Generation mit „Empire State of Mind“ aber längst eine neue Liebeserklärung an „The City“.
Welche Kraft Alicia Keys’ Zusammenarbeit mit dem Starrapper Jay-Z auch live erzeugt, beweist die Sängerin bei ihrem am Ende enthusiastisch gefeierten Auftritt in der ausverkauften, bestuhlten Olympiahalle. Es ist der Höhepunkt eines 100-minütigen Abends, der hektisch beginnt: mit unrhythmischen Wechseln zwischen schwächeren Piano-Balladen und gefälligen Uptempo-Stücken sowie überflüssigen Musical-Einsprengseln, die in einem Pseudo-Handy-Gespräch fast zum Stimmungstöter ausarten.
Keys, die für ihre Show dankenswerterweise auf Umzieh-Orgien und Konfetti-Spektakel-Bombast verzichtet, inszeniert sich mit hautengen, Rundungen betonende Hosen zunächst als selbstbewusste, leicht unnahbare R’n’B-Diva, der mit 14 Grammys und 30 Millionen verkauften Platten im Rücken nur wenige das Erfolgs-Wasser reichen können.
Ein erster Mitsing-Schauer durchzuckt die Halle bei ihrem Superhit „Fallin’“. Hier darf auch mal die E-Gitarre mitseufzen, ansonsten bleibt Keys’ Band, bis auf ein Background-Sänger-Duett, unscheinbar im erhöhten Bühnenhintergrund-Schatten.
Dafür stehen die 32-Jährige und ihre Idee der ständigen Neuerfindung im Mittelpunkt der dramaturgisch klug aufgebauten Show. Deutlich wird der Wille zur Veränderung in ihrem starken neuen Power-Balladen-Song „Brand New Me“, in dem Keys immer wieder ihren kompromisslosen Selbstfindungsprozess betont.
Was trotz neuem Pagenschnitt-Look und öffentlich zelebrierter Mutterrolle aber weiterhin bleibt, ist der wohltemperierte Piano-Einsatz und ihre voluminöse, niemals ins Schreien fallende Soul-Stimme. Bestes Beispiel dafür ist Keys’ mitreißende Pop-Nummer „No One“, bei der sich die Olympiahalle in ein leuchtendes Handymeer verwandelt.
Dem Reiz des Funkelns erliegen die entfesselten Fans auch in der fesselnden Zugabe, wenn Keys nach dem groovenden Mitsing-Knaller „Girl On Fire“ endlich ihre New-York-Hymne „Empire State of Mind“ auspackt und sich das Glitzern der projizierten nächtlichen Großstadt mit ihrem blitzenden Glamour-Kleid deckt. Das hätte wohl auch Frankie Boy, den man wie ein Echo kurz aus dem Off hört, gefallen.