Alexander Liebreich über das Festival

Am Freitag beginnt in Garmisch das erste Richard-Strauss-Festival unter seinem neuen Leiter Alexander Liebreich
von  Robert Braunmüller
Der Dirigent Alexander Liebreich.
Der Dirigent Alexander Liebreich. © dpa

Ein paar Tage länger und ausstrahlend auf das ganze Werdenfelser Land: So präsentiert sich das Richard-Strauss-Festival in Garmisch, das am Freitag mit einer Aufführung der „Metamorphosen“ und Henry Purcells „Dido and Aeneas“ in der Garmischer Eissporthalle beginnt. Es ist die erste Saison unter der Leitung von Alexander Liebreich, der das Festival als Nachfolger von Brigitte Fassbaender leitet.

AZ: Herr Liebreich, in Garmisch gibt es weder einen Konzertsaal noch ein Opernhaus. Wie kann man da Richard Strauss feiern?
ALEXANDER LIEBREICH: Seine Musik überlebt auch ohne Garmisch-Partenkirchen. Es geht mir darum, ein Festival für die Region zu machen – das Werdenfelser Land, das Inspiration für einen großen Komponisten war und das er sich als neues St. Moritz vorgestellt hat.

Trotzdem: Die Hauptwerke gehen in Garmisch nicht.
Alle herausragenden Festivals haben keinen guten Konzertsaal – von Luzern einmal abgesehen. Festivals funktionieren nur an Orten, die sich durch ein solches Ereignis verändern – wie etwa in Davos, Verbier, Lockenhaus.

Wo finden die Konzerte statt?
Die Garmischer Eissporthalle lässt sich mit Einbauten in einen guten Konzertsaal verwandeln. Kammerkonzerte finden in Elmau statt – und in der Aula des Werdenfels-Gymnasiums, einem weißen, hellen, schönen Raum. Wir verzichten auf das Kongresshaus, weil das gar keine Atmosphäre hat.

Die Opern kann man in Garmisch nicht spielen – höchstens halbszenisch oder konzertant. Ist das ein Verlust?
Ich möchte aus Garmisch kein Bayreuth des Südens machen. Wir brauchen dort keinen Grünen Hügel – wir haben die Berge. Die Landschaft war der Grund für mich, dieses Festival zu übernehmen. Wenn ich auf der Garmischer Autobahn hinausfahre, stellt sich bei mir sofort ein positives Grundgefühl beim Blick auf das Wettersteinmassiv ein.

Neu sind zwei Freiluftkonzerte in Ettal. Wieso steht da Prokofjew auf dem Programm?
Prokofjew lebte ab 1922 fast zwei Jahre in Ettal. Er fühlte sich von der Natur berauscht und blieb dort. Hier entstand die Oper „Der feurige Engel“. Im Hof des Klosters spielt Lisa Batiashvili das Violinkonzert Nr. 2, außerdem gibt es Auszüge aus „Romeo und Julia“.

Hat das Ballett nicht ein Jubiläum?
Die Uraufführung fand 1938 in Brünn statt. Die damalige Tänzerin der Julia ist erst vor zwei, drei Jahren verstorben. Außerdem gibt es eine private Verbindung: Meine Familie stammt aus dieser mährischen Stadt. Ich heiße Romeo mit zweitem Vornamen (lacht). Und außerdem sind Garmisch und Partenkirchen ein wenig wie Capulet und Montague.

Was passiert, wenn es regnen sollte?
Dann weichen wir in die Alpspitzhalle aus.

Was bedeutet Ihnen Richard Strauss?
Ich habe seine Musik immer bewundert, aber sie ist mir lange nicht sehr nahe gegangen. Strauss war in seiner besten Zeit ein unglaublicher Werkler, ein suchender Geist und ein Bildungshumanist. Die museale Verehrung gibt mir wenig. Natürlich ist es eine Wucht, in der Strauss-Villa die Handschrift der „Salome“ zu sehen, wie er da Platz gelassen hat für das Eintragen der Studierziffern für die Proben. Er verstand sich auch als Komponist immer als Dirigent und Praktiker.

Als Mensch hatte er auch Schattenseiten.
Sein Selbstbewusstsein grenzte an Arroganz. Natürlich stellt man sich heute die Frage, wieso er 1933 nicht die Präsidentschaft der Reichsmusikkammer abgelehnt hat. Er dachte wohl, dass ihm als wichtigstem Komponisten seiner Generation dieses Amt ganz selbstverständlich zustünde. Und er sah sich wohl auch außerhalb des politischen Systems der NS-Diktatur.

Warum kombinieren Sie im Eröffnungskonzert die „Metamorphosen“ mit Henry Purcells „Dido and Aeneas“?
In Purcells Oper gibt es den Satz „Great minds against themselves conspire“ („Große Geister verschwören sich gegen sich selbst“). Das wollte ich Richard Strauss entgegensetzen – es passt zu dem 1945 am Ende des Zweiten Weltkriegs komponierten Werk. Außerdem geht es mir immer um kontrastreiche Programme und ein Musizieren in Zusammenhängen über Jahrhunderte hinweg.

Wie finanziert sich das Festival?
Ein Drittel gibt die Gemeinde, ein Drittel der Freistaat. Den Rest müssen wir über den Kartenverkauf einspielen.

Gibt es noch Karten?
Für die Open-Air-Konzerte in Ettal schon, die Konzertwanderungen sind schon ausverkauft.

Infos zum Programm und Karten www.richard-strauss-festival.de

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