75. Geburtstag der Münchner Symphoniker: Sponsoring als Sozialdividende

München - Bei der letzten großen städtischen Sparwelle vor 16 Jahren zog sich die Landeshauptstadt aus der Finanzierung der Münchner Symphoniker zurück. Die Stadtsparkasse rettete das Orchester mit einem jährlichen Sponsoring von etwa 500.000 Euro sowie einer Spende von 450.000 Euro. Die Bank hat ihr Engagement in den letzten Jahren zwar zurückgefahren, steht aber nach wie vor zum kleinsten Symphonieorchester Münchens.
Der gebürtige Rheinländer Ralf Fleischer machte eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Sparkasse in Mülheim/Ruhr und studierte Wirtschaftswissenschaften. Nach Stationen in Iserlohn und Ratingen kam er 2014 als Vorstandsvorsitzender zur Münchner Stadtsparkasse. Im AZ-Interview spricht er über die Finanzierung der Symphoniker und seinen Favoriten im Programm.

AZ: Herr Fleischer, vor drei Jahren wurde bekannt, dass Sie die Finanzierung der Symphoniker zurückfahren wollen. Wie ist die Situation jetzt, zum 75. Geburtstag des Orchesters?
RALF FLEISCHER: Wir hatten in früheren Jahren das Orchester mit einer jährlichen Spende von 450.000 Euro und 500.000 Euro für Sponsoring unterstützt. In der gegenwärtigen Niedrig-Zins-Situation verdienen wir deutlich weniger wie früher. Wir haben uns dennoch dazu entschieden, eine der beiden Säulen aufrechtzuerhalten. Die Spende an die Symphoniker haben wir schrittweise zurückgefahren, das Sponsoring bleibt.
Sponsoring versus Spende
Was ist der Unterschied zwischen einer Spende und Sponsoring?
Bei Sponsoring gibt es eine Gegenleistung, etwa Werbung in den Programmheften oder eigens ausgerichtete Konzerte im Prinzregententheater und in unserer Hauptstelle mit einem kleineren Ensemble an der Sparkassenstraße zur Weihnachtszeit. Außerdem erhalten wir ein Kartenkontingent, das wir gerne an unsere klassikinteressierten Kunden weitergeben.
Wenn einer Ihrer Kunden angesichts von Negativzinsen und Geschäftsstellenumbau fragt, wieso Sie sich für Kultur engagieren, was antworten Sie ihm dann?
Wir bündeln unser Filialnetz, weil die Frequenz der Kunden in den Geschäftsstellen wegen der neuen technischen Zugangswege zurückgegangen ist. Das hat sich in der Corona-Krise verschärft. Außerdem müssen wir unsere Produkte und Dienstleistungen marktgerecht anbieten. Rund die Hälfte aller Münchner ist Kunde bei uns, und das sicher nicht, weil wir ihnen zu viel Geld abnehmen, sondern weil sie wissen, dass bei uns das Preis-Leistungs-Verhältnis sehr fair ist. Und im Unterschied zu Privatbanken müssen wir unseren Aktionären auch keine Dividende ausschütten. Unsere Eigentümer sind - im weiteren Sinn - die Münchnerinnen und Münchner. Wir geben ihnen durch Spenden und Sponsoring eine Art Sozialdividende zurück, indem wir viele gemeinnützige Projekte unterstützen - darunter auch Kunst und Kultur wie die Münchner Symphoniker. Denn der Standort München ist auch deshalb wirtschaftlich stark, weil hier kulturell sehr viel passiert.
Münchner Symphoniker müssen auf freier Wildbahn überleben
Wie profitieren Sie als Bank vom Image der Münchner Symphoniker? Bezeichnenderweise fördern Sie ja keines der drei Großorchester.
Solche Orchester sind staatlich, städtisch oder Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Andere, wie die Symphoniker, müssen auf der freien Wildbahn überleben. Sie machen ein tolles Programm, weil sie sich trauen, Klassik durch viele Kooperationen neu zu entdecken und neu erlebbar zu machen. Ich denke da etwa an gemeinsame Konzerte mit Dreiviertelblut oder ähnlichen Gruppen. Das überzeugt uns, weil das Orchester sich auch gegenüber Teilen der Bevölkerung öffnet, die der Klassischen Musik normalerweise eher fern stehen. In ähnlicher Weise verstehen wird uns als fortschrittliche Bank für alle Münchner. Deshalb ist das Orchester für uns der ideale Partner.
Haben Sie einen persönlichen Favoriten im Programm der Symphoniker?
Mein Musikgeschmack ist sehr breit. Aber als ehemaliger Gitarrenspieler und jetzt übender Klavierspieler mag ich klassische Musik, auch wenn ich Pop und Rock gleichermaßen gerne höre. Bei Klassik kann ich gut runterkommen und über vieles in Ruhe nachdenken.
Wo engagiert sich die Stadtsparkasse außerdem im Kulturbereich?
Wir setzen Schwerpunkte. Die Symphoniker sind da mit weitem Abstand vorne. Die Stadtsparkasse unterhält fünf Stiftungen, darunter auch eine Kulturstiftung, die jährlich bis zu 200.000 Euro für viele Einzelprojekte bereitstellt. Denn oft sind es Beträge von 5.000 bis 7.000 Euro, die zu einer Realisierung kultureller Projekte fehlen. Das Kuratorium setzt sich einmal jährlich zusammen, um über 100 eingereichte Projektanträge zu entscheiden, von denen etwa zehn bis 15 finanziell unterstützt werden. Denn wir wollen eine breite Förderung erzielen. Daneben vergeben wir als Sparkasse selbst kleinere Spenden an Kulturprojekte. Außerdem sind wir Partner von Tollwood seit der ersten Stunde dieses Festivals.
Sponsoring geht trotz Corona weiter
Die Symphoniker sind durch wegfallende Kartenverkäufe und Gastspiele derzeit in einer schwierigen Situation. Besteht eine Chance, dass Sie zum runden Geburtstag etwas drauflegen?
Auch das Bankgeschäft leidet unter Corona. Es ist damit zu rechnen, dass einige Firmen Probleme mit der Rückzahlung von Krediten bekommen. Wir machen das Sponsoring trotzdem weiter, obwohl das Orchester derzeit die Gegenleistung verständlicherweise nicht in dem vereinbarten Umfang erbringen kann. Dafür sind uns die Symphoniker dankbar.
Ist Sponsoring durch die gegenwärtige Krise generell in Gefahr?
Das hängt davon ab, wie lange die Pandemie dauert. Sponsoring ist ein Geben und Nehmen. Ohne Gegenleistung steht es wegen steuerlicher Implikationen unter besonderer Beobachtung der Finanzbehörden. Da ist die Politik gefragt. Wir werden unseren Sponsoring-Partner weiter zur Seite stehen.
Die Jubiläumskonzerte im Prinzregententheater sind ausverkauft. Infos zu weiteren Konzerten und zur Reihe mit Kammerkonzerten im Studio an der Schornstraße unter www.muenchnersymphoniker.de