Musical? Da hilft nur noch der liebe Gott!
Die Premiere von „Sister Act“ in Hamburg und die Aussichten auf dem deutschen Markt: Nur München und Hamburg reizen die Stage Entertainment noch
Das Ding ist einfach ein Segen!“ Johannes Mock-O’Hara war nach der Premiere des Musicals „Sister Act“ begeistert. Mit dem Deutschland-Chef des weltgrößten Musicalveranstalters Stage Entertainment (SE) jubelten 1400 Gäste im Operettenhaus auf der Reeperbahn. Unter ihnen auch Whoopi Goldberg: Liegt doch der Geschichte ihr gleichnamiger Kino-Erfolg zugrunde, zudem ist der Star als Coproduzentin am Musical beteiligt.
Die poppigen Soul-Chöre lassen auch Mock-O’Hara freudig wippen: „Sister Act“ ist eine Eigenproduktion. Die üblichen 15 Prozent Lizenzgebühren vom Einspielerlös kann sich sein Konzern hier sparen. Was sich trotz Entwicklungskosten für das Stück von fünf bis sechs Millionen Euro bei einem Erfolg der Produktion mittelfristig auszahlen und damit die Gesamtkosten senken könnte.
Ein knappes Geschäft
„Mit ‚Sister Act’ haben wir nun die erste internationale Eigenproduktion“, begeistert sich Mock-O’Hara. „Das ist die nächste Liga: Titel selbst zu produzieren, für alle Sprachräume.“ Denn die Umsätze auf dem deutschen Markt stagnieren. Auch die SE spürt die Schwierigkeiten: Im Essener Colosseum-Theater fiel nach fast zehn Jahren und einem Verlust von geschätzten 30 Millionen im Juli der letzte Vorhang. Auch die für „Sister Act“ im Vorverkauf abgesetzten 70000 Tickets liegen deutlich unter den 200000 oder gar 300000 Karten, die vor Jahren in derselben Stadt für „Ich war noch niemals in New York“ oder „Dirty Dancing“ verkauft wurden.
Dennoch will die SE über ihre neun Spielstätten in Hamburg, Berlin, Stuttgart und Oberhausen hinaus weitere Theater eröffnen – mittlerweile allerdings nur noch in Hamburg und München. Während es im Süden mangels geeigneter Immobilie keine konkreten Pläne gibt, soll an der Elbe bald mit dem Bau einer vierten Spielstätte für 2000 Besucher begonnen werden – im Hafengebiet neben dem Zelt, wo seit Jahren der „König der Löwen“ erfolgreich läuft. „Hamburg ist eine große Touristenstadt geworden – da sehen wir noch viel Potenzial“, sagt der Geschäftsführer.
Trotzdem: Musicals bleiben „ein sehr, sehr knappes Geschäft“, wie er zugibt. „Wir wollen unsere Investitionen zurückverdienen und neue Shows aus Eigenmitteln finanzieren. Mehr ist nicht darstellbar.“ Selbst SE-Gründer und Eigentümer Joop van den Ende habe bis heute „nicht einen Cent aus der Firma gezogen – insofern hat er auf seine Investitionen überhaupt keine Rendite bekommen“. Und das dürfte sich für den niederländischen Milliardär so schnell auch nicht ändern: Schlägt doch der geplante Theaterneubau mit 40 bis 50 Millionen Euro zu Buche, für die Produktion (angeblich ein Beatles-Musical) sind weitere 10 bis 20 Millionen Euro fällig – da ist der Break Even frühestens nach drei Jahren erreicht. Solch eine lange Laufzeit schafften zuletzt immer weniger Groß-Musicals. Und auch bei „Sister Act“ kommen dem Betrachter erhebliche Zweifel angesichts der mit platten Witzen dahin dümpelnden Handlung. Da dürfte es Mock-O’Hara beruhigen, dass hier keine Lizenzgebühren fällig werden.
Christoph Forsthoff
Hamburg, Operettenhaus, Di – So, Karten Tel. 01805/4444
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