Münchner Kulturetat schrumpft um fast 12 Millionen Euro

Münchens Kulturreferent Anton Biebl muss künftig gewaltig sparen. Treffen soll es vor allem die Münchner Kammerspiele, die Staatsoper und andere große Institutionen der Stadt, aber nicht die Freie Szene.
Robert Braunmüller
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Anton Biebl vor dem Gasteig.
Anton Biebl vor dem Gasteig. © Robert Haas/Kulturreferat

München - Nein, zurücktreten wird der Kulturreferent der Landeshauptstadt München nicht. Aber gleich dreimal taucht das ominöse Wort am Anfang seiner Rede vor dem Kulturausschuss des Stadtrats warnend auf. "Ich werde nicht zurücktreten hinter die kulturpolitischen Ziele, die wir gemeinsam verfolgen", sagte Anton Bibl. Hinter die gesetzten inhaltlichen Schwerpunkte werde er nicht zurücktreten und hinter das Ziel der Erweiterung des Kulturbegriffs, dem Ziel "Diversity nach innen und außen zu leben, Bildung für alle zu ermöglichen und den digitalen Wandel aktiv zu gestalten" ebenfalls nicht.

Bürger werden Einsparungen bemerken

Aber die anstehenden Kürzungen sind hart, und die Bürger werden die einzusparenden 11,45 Millionen Euro spüren. Etwa, wenn sie ein aktuelles Buch in der Stadtbibliothek ausleihen wollen oder das schöne neue Volkstheater nicht besuchen können, weil zwar in der Vergangenheit eine Menge Geld für die Neubau ausgegeben wurde, in der Gegenwart aber die Mittel für die Bespielung fehlen.

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Auch die Kammerspiele stehen vor massiven Kürzungen: Sie sollen nach Biebls Willen zwei Millionen Euro einsparen. Das Geld soll primär aus Rücklagen kommen, die das Haus bereits in der Ära Baumbauer für kommende Sparrunden zurückgelegt hat. Das klingt vorerst, als sei das Haus mit einem blauen Auge davongekommen. Aber die Fixkosten lassen sich nirgendwo herunterfahren, und so wird es überall an die künstlerische Substanz gehen. Das gesteht auch Biebl ein: "Weniger Frequenz, weniger Neuproduktionen, weniger Gastkünstlerinnen und Gastkünstler, weniger internationale Zusammenarbeit - und mittelfristig dann auch weniger Öffnungszeiten und Service, wenn die Sparrunden weitergehen."

Gasteig, Kammerspiele, Volkstheater: Alle sind betroffen

Das kann eine Spirale des Abstiegs auslösen, wenn bei einem weniger interessanten Programm das Publikum im Gasteig, den Kammerspielen und im Volkstheater wegbleibt. In den Bereichen, wo die Kasseneinnahmen und die Attraktivität für das Publikum eine geringere Rolle spielen, will Biebl dagegen nicht sparen: bei der Freien Szene und der Stadtteilkultur. "Ziel war es, mit den Einsparungen bei den großen städtischen Kulturinstitutionen die existenzgefährdete Freie Szene, aber auch die Stadtteilkultur zu schützen. Das werden wir schaffen", so der Kulturreferent.

Sportlich nimmt das Sparen allein das Lenbachhaus, dem künftig 600.000 Euro fehlen werden. Das käme nicht überraschend, so Direktor Matthias Mühling. Er setzt auf Unterstützer und seinen Förderverein. "Wir werden versuchen, auch in den folgenden Jahren möglichst viele Drittmittel einzuwerben und hoffen, dass wir damit ein wie gewohnt spannendes, internationales Programm für unsere Besucher bieten können. Wer dabei finanziell mithelfen möchten, ist herzlich eingeladen, sich an uns zu wenden!"

Geschrumpftes Kulturetat: Kultureinrichtungen befürchten große Probleme

Die Kammerspiele nennen den Zugriff auf ihre Rücklage "schmerzhaft". Damit würde zwar der Abbau von Personal verhindert und die Beschäftigung freier Mitarbeiter gesichtert, aber das Geld könne man nur einmal ausgeben. "Sollten Kürzungen in vergleichbarer Höhe auch in den kommenden Jahren erfolgen, kann der Eigenbetrieb diese nicht mehr erbringen."

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Arne Ackermann, der Chef der Stadtbibliothek befürchtet spürbare "Lücken im Medienangebot" und Kürzungen bei den Veranstaltungen. Die Philharmoniker versuchen, die Einsparungen auf möglichst viele Positionen zu strecken. "Wirklich bitter wäre es, wenn wir an Programm und Kommunikation für unser neues Zuhause in Sendling sparen müssten", so Managementdirektor Christian Beuke.

Bayerische Staatsoper am stärksten von Sparmaßnahmen betroffen

Am meisten Geld will Biebl bei der Bayerischen Staatsoper sparen. Das klingt auf den ersten Blick widersinnig, weil es sich um eine Einrichtung des Freistaats handelt. Aber die Stadt bezuschusst die Staatstheater mit 5,4 Millionen Euro, während umgekehrt der Staat in geringerem Umfang die Philharmoniker und die Kammerspiele unterstützt.

Dieser jährlich neu verhandelte Betrag, der überwiegend an die Staatsoper und in geringem Umfang an das Gärtnerplatztheater fließt, weckte als freiwillige Leistung bereits in der Vergangenheit immer wieder Begehrlichkeiten. Diese Sparmaßnahme kann zu einem erneuten Aufflammen traditionellen kulturpolitischer Animositäten zwischen Staat und Stadt führen, die in der Vergangenheit unnötig lähmend wirkten und die in schwierigen Zeiten niemand braucht.

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