München lodert
Georg M. Oswald zeichnet in „Unter Feinden” ein düsteres Bild der Stadt
München lodert: Ein Volksaufstand im Westend ist in die Innenstadt geschwappt. Plünderer ziehen durch die Maximilianstraße, räumen Juwelierläden leer und stecken Modeläden in Brand. Polizei und Bundesgrenzschutz versuchen sie mit Wasserwerfern und Gummigeschossen zurückzudrängen.
Schwere Geschütze fährt der Münchner Autor und Anwalt Georg M. Oswald in seinem ersten Krimi „Unter Feinden” auf. Dabei sollte München zur Zeit des Aufstandes im Roman doch eigentlich der sicherste Ort der Welt sein, denn die Stadt bereitet sich vor auf die alljährliche Sicherheitskonferenz im „Wittelsbacher Hof” und mutet selbst wie ein Sicherheitstrakt an.
Schuld an diesem Chaos ist allerdings die Polizei, genauer das Ermittlerteam Diller und Kessel, die Protagonisten in „Unter Feinden”. Der drogensüchtige Kessel hat sich mit einer Gruppe Dealer angelegt, während er eigentlich eine Wohnung beobachten sollte und anschließend in Panik den Schläger der Truppe fast tot gefahren. Aber nur Diller, der im Auto saß, war Zeuge. Was tun? Während sich Kessel ganz seiner Sucht hingibt, versucht Diller, seinen Job und seine bürgerliche Existenz zu retten. Schließlich hat er eine Familie und Ratenverpflichtungen für sein Reiheneckhaus in Solln.
Die Ausländer im Westend vermuten, die Polizei habe kein Interesse an der Aufklärung des Falles, und reagieren gewalttätig, Diller aber hat ein anderes Problem: Die ehrgeizige Staatsanwältin Didem Osmanoglu ist ihm auf den Fersen – und Kessel treibt suchtbedingt auf einen Alleingang zu, der nicht nur ihn Kopf und Kragen kosten könnte.
Wie schon in seinen Erfolgsromanen „Alles, was zählt” und „Vom Geist der Gesetze” erweist sich Oswald als ein handlungsorientierter Autor, der die Geschichte souverän und spannend auf einen Showdown bei der Sicherheitskonferenz hinführt. Denn hier, wo sich die Mächtigen der Welt auf engstem Raum treffen, um eine Solidarität in außenpolitischen Fragen zu suggerieren, die es so eigentlich gar nicht gibt, hat sich ein auch ein Mann angekündigt, der sich durch seine Arbeit viele Feinde auf dem Globus gemacht hat: Jeremy Kindall, Ex-US-Elitesoldat und nun Sicherheitsunternehmer, dessen Söldner in den Kriegsgebieten die Jobs übernehmen, die für die regulären Armeen zu schmutzig wären.
Georg M. Oswald bedient bei seinem Krimidebüt zwar manches Ermittler-Klischee und beweist ein entspanntes Verhältnis zur Logik, aber er nimmt das Genre künstlerisch ernst und bereichert München um ein serientaugliches Duo. Das ist eine Wohltat in einer Zeit, in der fast jedes Postleitzahlengebiet mit einem regional-ironischen Heimatermittler verseucht ist.
Georg M. Oswald: „Unter Feinden, Piper, 246 Seiten (18.99 Euro)
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