Mitten im Leben zwischen Pop und Rock
Aufrichtig und greifbar nah präsentiert sich Christina Stürmer auf ihrem neuen Album "Nahaufnahme"
Sie lebt den Moment: Er soll nicht vergehen, sich ausdehnen und falls doch schon vergangen, bitte zurückkehren. Mitten im Leben steht sie, unverzagt und voller Energie – und alle Welt soll es erfahren. „Nahaufnahme“ heißt das neue Album von Christina Stürmer, „und näher“, beteuert die Frau mit den großen braunen Augen, „kann man gar nicht an mich heran kommen“.
Sie sitzt mit angezogenen Beinen auf einem kleinen Kunstledersofa und nippt an ihrem Wasser. Haare offen, dezentes Make-up, genau so viel, um sich angezogen einem Interview zu stellen. Unprätentiös und offen kramt die ehemalige Castingshow-Teilnehmerin in ihrer Vergangenheit. Das Jahr 2003 möchte sie nicht noch einmal durchleben müssen. Damals belegte Christina Stürmer den zweiten Platz bei „Starmania“, dem österreichischen Pendant zu „DSDS“. Der Ruhm kam über Nacht, „von Null auf Hundert“, und auf einmal sprechen die Leute das Stürmer-Mädchen auf der Straße an. „Ich habe innerhalb kürzester Zeit sehr viel gelernt“, sagt Christina Stürmer. Sie hat sich von den Anfängen emanzipiert, ist den Ereignissen aber auch dankbar, sonst säße sie jetzt nicht hier, im 14. Stock im Hotel Deutscher Kaiser.
Musikalischer Freudensprung
Auch die österreichische Rock-Pop-Lady muss durch den Blockflöten-Unterricht, spielt Querflöte, dann Saxofon in einer Kinder-Jazz-Bigband: „Ich wollte unbedingt singen und durfte nie“, erzählt sie. Auf einem Schulkonzert darf sie mit dem amerikanischen Weihnachtslied „Little Drummer Boy“ endlich ans Mikrofon. Das Konzert ist ein Erfolg, ihre Stimme gut. Sie bricht die Schule ab und macht eine Lehre als Buchhändlerin. Sie will die Matura nach holen, doch „während des Mathematik-Kurses kam dann die Casting-Show“.
Zusammen mit ihrer Band erobert die 28-Jährige die Charts, ihren Durchbruch in Deutschland hat sie 2005 mit dem Album „Schwarzweiß“. Zwei Jahre später wird sie mit dem Echo ausgezeichnet. 1,5 Millionen Tonträger hat sie verkauft und einige Werbespots gedreht. Doch diese Dimensionen haben jetzt gar keinen Platz auf dem Sofa.
„Auch wenn die Welt untergeht, ich will hier liegen bleiben“, singt Stürmer mit ihrer Band. Und das meint sie so, wie alles, was aus ihr heraus sprudelt. Ein zehnköpfiges Songwriter-Team hat ihr die neuen Songs geschrieben: „Die Band und ich arbeiten mit denen zusammen, bis es passt, bis es Songs von Christina Stürmer sind“, sagt die Sängerin. Poprockig klingen die Lieder, wie ein Freudensprung, ein Triumph jugendlicher Jetzt-Zeit. In zarten Passagen begleiten Piano und Gitarre ihre Stimme, die sich privat in die Ohren flüstert. Es sind Stürmers Gefühle, zu denen kann sie stehen wie auch zu ihrer Zusammenarbeit mit dem neuen Produzenten Olaf Opal, der schon Juli und Sportfreunde Stiller produziert hat – was man hört, wie sie findet.
Lisa Kassner
„Nahaufnahme“ ist bei Universal Music erschienen