Mit Utopien aus der Krise
Der heutige Name wurde erst im 19. Jahrhundert während des nationalen Erwachens der Slowenen vom Dichter Stanko Vraz geschaffen. Bis 1918 gehörte Marburg an der Drau zur Steiermark und damit zum deutschsprachigen Kulturkreis. Bei der Auflösung des habsburgischen Vielvölkerreichs wurde die deutschsprachige Stadt vom neuen Königreich der Slowenen, Kroaten und Serben beansprucht, das sich ab 1928 Jugoslawien nannte. Nach dessen Ende ist Maribor heute die zweitgrößte Stadt des unabhängigen Slowenien.
Das kleine Alpen- und Adrialand orientierte sich schon immer mehr an Österreich als nach Belgrad. Alles südöstlich von ihr wurde abwertend als „Balkan” bezeichnet, während sich die Slowenen als West- oder Mitteleuropäer verstanden. Dieser Geschichte entspringt auch das Programm der neuen Kulturhauptstadt. Auf der einen Seite wird selbstbewusst viel nationale Kunst und Lebensart präsentiert. Auf der anderen Seite sind die starken Beiträge aus den früheren Bruderrepubliken und heutigen Nachbarländern wie Kroatien nicht zu übersehen.
Die dritte Programmsäule will die Zugehörigkeit des erst seit 20 Jahren selbstständigen EU- und Natolandes Slowenien zum Westen unterstreichen. Die Londoner Tate Gallery kommt mit einer Ausstellung. Der deutsch-niederländische Performer Ulay gehört ebenso hierher wie Künstlerin Rebecca Horn, die eine Installation beisteuert.
Die Feiern beginnen am 14. Januar mit einem Lichtspektakel am Fluss Drau. Das Programm heimischer wie regionaler Herkunft reicht von ersten „Modetagen”, einem Theaterstück über den Aufstieg Adolf Hitlers über ein internationales Clownstreffen bis zu Grafik- und Comic-Ausstellungen, Konzerten und Architektenvisionen über die Zukunft Maribors. Auch eine Ausstellung über die „architektonischen Errungenschaften Jugoslawiens” fehlt nicht.
Auf einer für 800000 Euro neu gebauten Bühne sind aber auch Zirkus- und Akrobatiknummern sowie Aufführungen aus dem fernen Japan und Russland zu bestaunen. Für Programmdirektor Mitja Cancer ist das Programmziel, die Gesellschaft durch Kreativität zu ändern, zwar eine Utopie. „Aber ohne utopische Ideen kann man die gegenwärtige Krise nicht überwinden”, sagt er. Kritiker des Programms mäkelten im Vorfeld, der große Wurf sei durch immer neue finanzielle Kürzungen ausgeblieben.
Bei der Bewerbung habe Maribor 50 Millionen Euro fürs Programm angesetzt, sagt einer der Bewerbungsführer, Petar Tomaz Dobrila. Herausgekommen ist am Schluss ein bescheidener Etat von 8,5 Millionen Euro. So bedauert denn auch Programmchef Cander, dass kein Geld für die „Revitalisierung der alten industriellen Teile der Stadt” zur Verfügung gestanden habe. Nach dem Vorbild früherer europäischer Kulturhauptstädte hätte man auch in Maribor gern traditionelle ausgediente Industriestandorte als zukünftige Kulturstätten gesichert.
Infos: www.maribor2012/info.