Mit staunender Distanz: Das russische Nationalorchester im Gasteig
Das Gastspiel im Gasteig zeigte in vielen Momenten, warum das vor zwanzig Jahren gegründete Russische National Orchester so hohes Ansehen genießt. Der dunkel timbrierte Streicherklang ist wunderbar homogen aufeinander abgestimmt. Der kernige Glamour der Blechbläser kommt ohne die früher bei russischen Orchestern anzutreffende klirrende Schärfe aus.
Beim Ranking der englischen Zeitschrift „The Gramophone“ vor einem Jahr konnte die Moskauer Elite-Crew immerhin einen 15.Platz verbuchen. Thielemanns Münchner Philharmoniker oder Barenboims Berliner Staatskapelle kamen überhaupt nicht vor. Das Gastspiel im Gasteig zeigte in vielen Momenten, warum das vor zwanzig Jahren gegründete Russische National Orchester so hohes Ansehen genießt. Der dunkel timbrierte Streicherklang ist wunderbar homogen aufeinander abgestimmt. Der kernige Glamour der Blechbläser kommt ohne die früher bei russischen Orchestern anzutreffende klirrende Schärfe aus.
Chefdirigent Mikhail Pletnev hält die Zügel fest in der Hand. Die lässige Eleganz, mit der er die Befehle andeutet, anstatt sie als Show fürs Publikum aufzupäppeln, wirkt sympathisch, aber auf Dauer auch reichlich unterkühlt, manchmal geradezu teilnahmslos. Einem so sperrigen, mit Insider-Pointen gefüllten Werk wie der 15. Symphonie von Schostakowitsch hätte es bei aller spieltechnischen Brillanz doch gut angestanden, wenn sie ein wenig aggressiver, schnippischer und auch witziger vorgeführt worden wäre.
Dass der französische Pianist Jonathan Gilad das erste Klavierkonzert von Rachmaninow zwischen Tschaikowsky und Chopin ansiedelte, tat gut. Dennoch ein Abend, der allenfalls staunende Distanz provozierte.
Volker Boser
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