Mit Rama zum Kricketspiel
Elefanten und Haute Couture, Palmwedel und 1000 Karat: Die Schau „Maharaja – Pracht der indischen Fürstenhöfe“ in der Hypo-Kunsthalle
Maharaja Takhat Singh von Marwar schaukelt: Um den Beginn der Monsunzeit zu feiern, steigt seine Majestät mit der Lieblingsfrau aufs achteckige Brett und wird von fünf weiteren Gespielinnen angeschubst. Eine Darstellung um 1850 hält diese symbolische Szene fest. Sie lenkt den Blick auf die rätselhaften Rituale einer faszinierend-fremden Kultur. In der abendländischen Kunst gehört ein schaukelnder Herrscher nicht zur gängigen Motivik der Repräsentation.
Jetzt ist das kleine Bild in der Hypo-Kunsthalle zu bestaunen. Man kann aber auch einen Maharaja bei der Wildschwein- und Löwenjagd beobachten, ihre Gewehre und Rüstungen beäugen und sogar Frauen-Hanteln entdecken – und nebenbei lernen, dass auch Damen bei der Jagd den Umgang mit der Waffe übten. Dass das Leben bei Hofe für die Frauen komfortabel, aber auch recht freudlos sein konnte, offenbart eine zierreiche, aber bis auf ein paar Luftschlitze fensterlose Sänfte – eher eine Kiste, in der man sich fühlen musste, wie lebendig eingesargt.
Größkönige von Britanniens Gnaden
Doch die aufwändige Schau „Maharaja – Die Pracht der indischen Fürstenhöfe“ bietet nicht nur farbenprächtige Folklore, sondern lässt auch die politischen Verhältnisse auf dem indischen Subkontinent deutlich werden. Zwar präsentiert die in Kooperation mit dem Londoner Victoria-&-Albert-Museum entstandene Ausstellung auch das millionenschwere „Cartier-Collier von Patiala“ sowie allerlei Klunker mit Rubinen, Smaragden und Diamanten, welche die fast sprichwörtliche Prunklust der Maharajas zeigen.
Man findet sogar einen lebensgroßen (Kunststoff-)Elefanten mit Kopfschmuck und aufgesetztem Thron, der die immense Prachtentfaltung bei einer königlichen Prozession anschaulich macht. Was die Ausstellung jedoch über die Exotik der rund 250 Exponate – die teils direkt aus den königlichen Sammlungen in Udaipur und Jodhpur stammen – hinaus spannend macht, ist die Tatsache, dass dahinter, nicht zuletzt anhand historischer Filmaufnahmen, eine Epoche des Wandels sichtbar wird. Und das, obwohl die hässliche, brutale Seite der britischen Kolonialisierung und der innerindischen Machtkämpfe ausgespart bleibt.
Liebe zu Klunkern
„Maharaja“ heißt soviel wie „großer König“. Nach dem Ende des Mogulreiches gab es in Indien eine Reihe lokaler Fürstentümer mit Maharajas an der Spitze, die als spirituelle und militärische Führer fungierten und für Recht und Ordnung sorgten. Doch die Regierungsgewalt übernahmen bald die Briten. Sie unterwarfen das Riesenreich, indem sie ihre Ostindien-Kompanie im 18. Jahrhundert ausbauten – bis es 1858 Teil des British Empire wurde. Foto-Porträts wie das des Pratap Singh von Orccha, als junger Mann traditionell mit Schwert und Schild, rund 25 Jahre später mit dem Orden des Empire, illustrieren diesen Wandel.
Auf der anderen Seite orientierten sich gerade auch einige Maharanis in den 30er Jahren gen Westen, etwa Sita Devi Kapurthala, die Muse von Cecil Beaton und Man Ray wurde. Und Europas Luxusgüter-Industrie der 50er Jahre hätte ohne die Aufträge indischer Großfürsten kaum so floriert. Eine Erscheinung am Rande wie die sündteure Reverso-Uhr fürs Kricketspiel, auf der die Gottheit des Rama erscheint, ist ein kurioses Sinnbild für die gelungene indisch-britische Integration.
Roberta De Righi
Bis 24. Mai, täglich 10 bis 20 Uhr, Katalog (Hirmer) 25 Euro
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