Mit Quadratlatschen durch Ägypten

Aufgehübschte Reprise: Die Opernfestspiele eröffnen mit der misslungenen „Aida“ von Christof Nel als "Gala"
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Aufgehübschte Reprise: Die Opernfestspiele eröffnen mit der misslungenen „Aida“ von Christof Nel als "Gala"

Hinter dem Begriff Gala verbirgt sich ein arabisches Wort, das Ehrengewand bedeutet. Davon gab es mehr als genug: Smokings und Abendkleider beherrschten die Staatsoper, eine königliche Hoheit, gewesene und gegenwärtige Minister erhöhten den Glamour. Ein roter Teppich zum Haupteingang war ausgerollt. Aber den gibt’s neuerdings auch auf der Treppe zum Gärtnerplatztheater.

Künstlerisch war die sprachlich zur „Festspiel-Eröffnungsgala“ aufgehübschte „Aida“ nur Repertoire. Die Karten kosteten ein paar Euro weniger als bei der Premiere Anfang Juni. Nur der Einspringer Ambrogio Maestri sorgte für eine neue Farbe: Er machte aus dem zwielichtigen Amonasro einen gemütlichen Dicken und wandelte dem Anschein nach in privaten braunen Quadratlatschen durch Christof Nels Ägypten-Minimalismus.

Ahnungen finstersten Rampentheaters

Immerhin sang Maestri mit etwas mehr baritonaler Fülle als sein Vorgänger Marco Vratogna. Er verhalf zu einer Ahnung, wie der Zahn der Zeit diese (noch) körpersprachlich genaue Inszenierung in finsterstes italienisches Rampentheater verwandeln könnte.

Bei guten Stimmen würde das nicht stören. Aber leider ist ihr Fehlen die Schwäche aller Verdi-Aufführungen unserer Tage. Salvatore Licitra schmettert Heroisches wie das „Sacerdote, io resto a te“ eindrucksvoll, für Lyrismen fehlt ihm jedoch die Geschmeidigkeit. Wenn er wie am Ende von „Celeste Aida“ den Druck wegnimmt, droht ihm der Ton wegzubrechen.

Kristin Lewis flackerte die Aida weniger als in der Premiere. Wer das Schlussduett aber nur in von diesem Paar gehört hat, kennt seine emphatische Ekstase noch nicht. Ekaterina Gubanova war eine verlässliche, aber blasse Amneris ohne echte Mezzo-Fülle. Nur der prachtvoll orgelnde und finster dreinschauende Giacomo Prestia erinnerte an alte Verdi-Glanzzeiten der Bayerischen Staatsoper.

Buhs gab's auch

Der Deutung des Dirigenten Daniele Gatti gebricht es an konventioneller Italianità. Dafür leuchtet er mit Liebe zum Detail die symphonischen Abgründe der Partitur aus. Beim Triumphmarsch und nach dem zweiten Akt platzte einigen Buhrufern ob der verschwitzen Regie-Besserwisserei der Smoking-Kragen. So kamen doch noch Premierengefühle auf.

Robert Braunmüller

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