Mit Löwenkraft voran

Heute eröffnet das Filmfestival Venedig am Lido mit „Burn After Reading“ der US-Brüder Coen. Angelina Jolie, Brad Pitt und George Clooney tun vorher schon Gutes.
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Heute eröffnet das Filmfestival Venedig am Lido mit „Burn After Reading“ der US-Brüder Coen. Angelina Jolie, Brad Pitt und George Clooney tun vorher schon Gutes.

Weder Christo noch Scham sind schuld, dass Venedig sich so verhüllt: Die geschneckelte Salute-Kirche, der Palazzo Rezzonico am Canal Grande, die Seufzerbrücke und sogar der Dogenpalast sind eingerüstet, die Rialtobrücke ist als nächstes dran. Für acht Millionen Euro sind jetzt die Plastikplanen werbewirksam vermietet, bis 2014 soll Venedig wieder neu strahlend, ganz die alte Serenissima, die Hochwürdige sein. Es ist, als wolle man noch retten, was zu retten ist. Denn Berlusconi hat gerade angekündigt, dem Denkmalschutz eine Milliarde Euro zu streichen und alle Kulturgüter zu privatisieren.

Der Rote Teppich wird festgenagelt

Was bleibt in diesem barbarischen Wahnsinn von der Kulturnation Italien? Vielleicht der Film, obwohl Berlusconi auch hier alle Steuervergünstigungen aufhebt. Aber Marco Müller (im AZ-Interview, siehe unten) hat in seinem fünften Jahr als Festivalleiter am Lido gleich vier italienische Filme in den Wettbewerb geholt. Der Rote Teppich wird gerade noch auf den 60 Meter langen Sperrholzlaufsteg vor dem Palazzo del Cinema genagelt, aber an der weißen Schau-Mauer kann man schon den diesjährigen symbolischen Skulpturen-Gag erkennen: einen goldenen Biennale-Markuslöwen, der gerade die Mauer durchbricht.

Obwohl es schon die 65. Mostra d’Arte Cinematografica ist, soll der Löwe nicht ins zahnlose Rentnerdasein verfallen. Im Kampf mit den anderen beiden großen Festivals in Cannes und Berlin fehlt es am Lido nämlich an Platz für eine große Filmmesse als wirtschaftlichem Rückgrat. So hat Müller beharrlich 11-Millionen-Euro-Zusagen zusammengetragen und kann jetzt den Grundstein für das neue Festivalzentrum legen. Knapp vier Millionen davon sind aus privater Hand, und die will Rendite sehen – oder zumindest ihr Sponsorentum im Glamour des Festivals sonnen. Und da kommen diesmal die US-Superstars gerade recht.

Diskrete Wohltaten

Angelina Jolie und Brad Pitt sind schon diskret zwei Tage vor den Fotografenhorden angereist. Noch im frühsommerlichen Cannes war Pitt Staffage für seine hochschwangere Frau, die den Eastwood-Film „Changeling“ vorstellte. Im Venedig-Eröffnungsfilm der Coen-Brüder, „Burn After Reading“, ist Mustermann Pitt ein sympathisch dämlicher Fitnesstrainer-Proll.

Für den gestrigen Abend hatten die beiden einen Babysitter gefunden. Denn im Nobelhotel Cipriani, wo für Doppelsuiten von 850 bis 8500 Euro berappt werden, auf der untouristisch-kleinbürgerlichen Insel Giudecca, wurde bei einem Galadinner für Darfur gesammelt von „Not On Our Watch“, einer Organisation, der Pitt angehört, die das aus dem Blickfeld geratene afrikanische Flüchtlingselend lindern soll. Mit dabei im Smoking, und am Ende ohne Fliege am offenem Hemd, nicht nur Italiens Lieblings-Amerikaner George Clooney, der gerade von einer Motorradtour durch die Toskana kommt, seit Jahren wegen seiner Treue zur Filmbiennale „der Löwe vom Lido“ genannt wird und mit seiner Graumelierung zum Silberlöwen mutiert.

Nicht so im Coen-Film, wo er den gutsituiert dunkelhaarigen Lover von Tilda Swinton spielt, der Frau mit Scheidungsabsichten von ihrem Ex-Agentenmann (John Malkovitch). Und weil ohnehin heute Abend alle im Blitzlichtgewitter erscheinen, blieben sie bei der Gala erst einmal unter Ausschluss der Presse unter sich – und spendeten zusammen mit den anderen 150 Gästen 1,5 Millionen Euro.

Wo bleibt Beckenbauer?

Jetzt kann’s am Lido losgehen. Der deutsche Wettbewerbsbeitrag von Christian Petzold, „Jerichow“, folgt gleich morgen nach Takeshi Kitanos neuem Geheimwerk „Achilles“. Das orientalische Palasthotel Excelsior hat die Suiten und den Ballsaal schon zurecht gemacht.

Hier hier in Venedig kann man am nächtlichen Strand schon Stars flanieren sehen. Und dem Modezaren Valentino ist diesmal sogar ein Dokumentarfilm gewidmet mit dem nicht ganz unbekannten und unbescheidenen Titel: „The Last Emperor – der letzte Kaiser“. Fehlt nur noch unser Franz. Einen Golfplatz gibt es ja am Lido.

Adrian Prechtel

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