Mit einem blauen Auge

Der hochkultur-affine Entertainer Harald Schmidt über seinen Auftritt in Mozarts Singspiel „Der Schauspieldirektor”, mäßige Quoten und seinen schwäbelnden Auftritt in Dietls „Zettl”
Robert Braunmüller |
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Als ausgebildeter Kirchenmusiker ist er hinreichend qualifiziert: Am Sonntag gastiert Harald Schmidt in der Philharmonie als Mozarts „Schauspieldirektor”. Im Finale wagt er sogar ein paar Takte Gesang. Bisher stand die Tournee allerdings unter keinem gutem Stern: Die beiden ersten Abende in Kiel und Lübeck wurden mangels Nachfrage abgesagt.

AZ: Herr Schmidt, warum hatte Ihre Tour Anlaufschwierigkeiten?

HARALD SCHMIDT: Ich bin vom Stuhl gefallen, als ich die Preise gesehen habe, die der Veranstalter nehmen wollte. Er hat auch falsche Vorstellungen geweckt. Es ist kein bunter Abend mit Harald Schmidt mit anschließender Tombola sowie Kaffee und Kuchen.

Was bekommt man für sein Geld?

Concerto Köln spielt die Vierte von Beethoven und die Symphonie Nr. 1 von Henri-Joseph Rigel. Das ist ein Zeitgenosse von Mozart, den ich bisher auch nicht kannte. Nach der Pause komme ich und spiele mit den beiden Sopranistinnen Julia Bauer und Yeree Suh sowie dem Tenor Julian Prégardien den „Schauspieldirektor” von Mozart.

Der hat seine Mimen rasch im Griff, bekommt aber Ärger mit zwei Primadonnen. Haben Sie so etwas im Theater auch erlebt?

Eigentlich nicht. Mit dem Vorsingen von Primadonnen habe ich keine so große Erfahrung. Aber es ist einfacher, weil sich Gesangsqualität objektiver beurteilen lässt als die Schauspielerei.

Die Aufführung wurde voriges Jahr zum 25-jährigen Geburtstag von Concerto Köln erfunden.

Das war ein Heimspiel vor 800 Leuten. Wenn man das weiß, lässt sich der Abend auch angemessen verkaufen. Mir tut es leid um die Leute in Kiel und Lübeck, aber wenn ich mal an etwas unschuldig bin, dann in diesem Fall.

Das Münchner Gasteig hat 2400 Plätze.

Aber es ist ganz gut verkauft, soweit ich gehört gabe. Doch am gleichen Abend spielt auch noch die Geigerin Julia Fischer im Herkulessaal.

Sie spielt ebenfalls Mozart. Wie stehen Sie als Bach-Fan zu ihm?

Das sind zwei Genies, die auch Laien unterscheiden können. Ich lerne Mozart durch den „Schauspieldirektor” jetzt besser kennen. Dieses Singspiel ist 36 Jahre nach Bachs Tod für ein Hoffest in Schönbrunn entstanden – das ist schon eine andere musikalische Epoche.

Lustig ist Mozart auch, was Bach wohl eher nicht war.

Mozart hat es schon eher krachen lassen. Der viele Kinderlärm, die feuchten Kirchen und die viele Arbeit haben Bach zu einem ernsthaften Menschen werden lassen.

Der „Schauspieldirektor” wird fast immer bearbeitet. Wo legen Sie Hand an?

Ich habe das Stück zu einem Monolog zusammengefasst und seinen Geist auf den heutigen Opernbetrieb übertragen – wie Vorsprechen und Vorsingen heute aussieht.

Sie treten mit einem Originalklang-Ensemble auf. Mögen Sie diesen Stil?

Ich kann das nicht so gut beurteilen. Concerto Köln ist ein großartiges, sehr sensibles Orchester. Bei einer Mozart-Sonate ziehe ich allerdings einen modernen Flügel dem originalen Hammerklavier vor.

Der deutsche Humor hatte eine schwarze Woche: Gottschalks Vorabendshow floppt, Helmut Dietls „Zettl” gefällt keinem und Sie haben schwache Quoten.

Was mich angeht: Ich habe nur katastrophale Quoten, mache aber eine Super-Sendung. Das ist schon ein Unterschied. Ich tröste mich mit Samuel Beckett, der von „Warten auf Godot” nur 50 Exemplare verkauft hat. Ich hoffe, noch ein paar Zuschauer dazuzugewinnen. Aber was die Qualität angeht, sind die paar, die uns sehen, wirklich begeistert.

In „Zettl” spielen Sie den schwäbelnden Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern. Gefällt Ihnen der Film?

Ich sehe ihn erst nächste Woche und kenne bisher nur ein paar Trailer.

War das Schwäbeln schwer für Sie?

Es ist doch meine Heimatsprache! Ich bin in Nürtingen bei Stuttgart aufgewachsen. Bei uns zu Hause wurde allerdings geböhmakelt – meine Eltern sind Heimatvertriebene.

Übertrifft der echte Bundespräsident derzeit nicht jede Satire?

Im Moment mache ich keine Witze über ihn. Um Neujahr herum war es ein wunderbares Zuckerl, was uns da von Schloss Bellevue rübergereicht wurde. Da gab es schon schwierigere Jahresanfänge für Kabarettisten.

Philharmonie, So, 19.30 Uhr, Karten von 39 bis 89 Euro an der Abendkasse ab 18.30 Uhr

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