Mit der Sonne im Namen
Vor zwei Jahren, im Juli 2010, musste „Klassik am Odeonsplatz” zum ersten und bislang einzigen Mal wegen einer Unwetterwarnung abgesagt werden. Damals hätte Sol Gabetta spielen sollen – nun wagen die argentinische Cellistin mit der Sonne im Namen und die Münchner Philharmoniker unter Juraj Valcuha einen zweiten Versuch.
AZ: Wie war das vor zwei Jahren, Frau Gabetta?
SOL GABETTA: Ganz schlimm! 2010 war überhaupt ein komisches Jahr, da sind mehrere meiner Konzerte kurzfristig nicht zustande gekommen. Man hat mehrere Tage miteinander geprobt, wir waren in München bei der Generalprobe sogar auf dem Platz – und dann diese Absage. Ich habe mich leer gefühlt, wie eine schwangere Frau, die nach neun Monaten die Klinik ohne Kind verlässt.
Was hätten Sie 2010 gespielt?
Das gleiche Stück wie heuer – Antonin Dvoráks Cellokonzert.
Warum ist dieses Konzert das beliebteste Cellokonzert überhaupt?
Es gibt Werke, die mich intellektuell mehr fordern oder kompositorisch stärker ansprechen. Aber alle Leute lieben das Dvorák-Konzert, weil seine Melodien berühren und das Orchester eine wichtige Rolle spielt. Ihm gehören die großen Einleitungen, es stellt alle Themen vor. Es ist eine Herausforderung für den Solisten, das Publikum wieder an diese Melodien zu erinnern.
Lässt sich erklären, warum Dvorák die Menschen so berührt?
Ich glaube schon. Es gibt bestimmte Harmonien, die alle Menschen gleichermaßen ansprechen. Eine große Sexte macht glücklich, die verminderte Quinte stimmt melancholisch. Beide Intervalle spielen in dem Konzert eine große Rolle. Es ist vital und traurig zugleich. Dieser Gegensatz ist wie das Leben.
Auf welchem Instrument spielen Sie?
Es ist ein Cello von Giovanni Battista Guadagnini aus dem Jahr 1759. Manche Kollegen würden für ein Konzert im Freien nicht ein so wertvolles Instrument verwenden, aber ich spiele immer darauf. Es gehört übrigens nicht mir, sondern einem Sponsor, den ich aber nicht nennen darf.
Im Dvorák-Konzert wird das Cello live oft vom Orchester zugedeckt. Ist da die Verstärkung auf dem Platz eine Hilfe?
Viele Menschen haben eine falsche Vorstellung von Musik im Konzertsaal, die durch CDs geprägt sind. Kommen Sie mit offenen Ohren! Manche Celli werden von Geigenbauern so vorbereitet, dass sie wie eine Trompete klingen. Das finde ich falsch, denn die Qualität des Instruments ist seine Tiefe. In Dvoráks Konzert beleitet das Cello außerdem oft die Bläser des Orchesters. Da muss der Solist nicht dominieren. Es ist wie Kammermusik, nur mit 100 Musikern. Aber natürlich hilft die Verstärkung, besonders wenn sie so gut gemacht ist wie am Odeonsplatz.
Spielen Sie gern mit den Münchner Philharmonikern?
Ihr dunkler, deutscher Klang passt gut zum Cello. Es ist ein sehr motiviertes Orchester, wie ich zuletzt im vergangenen Herbst erlebt habe. Damals hat ihr designierter Chef Lorin Maazel dirigiert – eine sehr starke Persönlichkeit, die weiß, was sie will.
Samstag, 20 Uhr, Restkarten an den Abendkassen