Mit dem Bügeleisen am Leben vorbei

Pfitzners „Palestrina“ bei den Festspielen im Nationaltheater
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Pfitzners „Palestrina“ bei den Festspielen im Nationaltheater

Bei Einstudierungen seiner Oper ärgerte sich der grämliche Komponist sein Leben lang über unfähige Künstler. Hans Pfitzners Laune hellte sich aber regelmäßig auf, weil er sich in die Darstellerin des Ighino verliebte.

Auch an der Bayerischen Staatsoper hätte er allen Grund: Christiane Karg formt den Sohn Palestrinas zu einer anrührend traurigen Gestalt. Mit dem Bügeleisen ersetzt er die verstorbene Gattin des depressiven Genies und versäumt aus Fürsorglichkeit das eigene Leben. Die Sängerin verkörpert diese Kehrseite des von Pfitzners „musikalischer Legende“ verklärten Künstlermythos nicht nur perfekt, sie legte auch eine schmerzliche Melancholie in ihren innig hellen und klaren Sopran: Das ist eine außerordentliche Neudeutung dieser in früheren Inszenierungen immer nur peinlich-putzigen Figur.

Die beiden Hauptdarsteller waren vom Pech verfolgt. Falk Struckmann bellte harten Konsonanten am Wortende „Ähs“ hinterher. Er scheiterte wie in der Premiere und der Frankfurter Neuinszenierung an der „Wunderdom“-Stelle. Es ist verfehlt, diese Wotans-Rolle mit einem Sänger zu besetzen, der nur Alberichs saure Töne in der Kehle hat. Aber die Dirigentin hält ihn in Hamburg ja für einen Göttervater.

Christopher Ventris patzte als Palestrina bei der ersten exponierten Note des finalen „Friedens“ in der Inspirations-Szene. Das kann passieren, sollte aber nicht. Die vielen guten Chargen unter den Meistern und dem Klerus gemahnten an die heroische Vergangenheit des Ensembletheaters. Simone Young betonte anfangs die Kleinteiligkeit der Musik und konnte die Pausen nicht immer mit Spannung füllen. Das musikalische Mosaik des Konzilsakts traf sie wendig, um zuletzt das Staatsorchester doch zu romantischer Entsagungsemphase anzufeuern.

Robert Braunmüller

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