Mit Bejun Mehta auf der Insel der Seligen
Gibt’s da drüben überhaupt was G’scheits? Gemeint waren Lieder der Preisklasse Schumann. Zur Not noch Wolf oder Loewe. Leider ist die eifrige Konzertgängerin aus dem Bekanntenkreis mit ihrer herzhaft ignoranten Frage nicht allein. Und es braucht wahrscheinlich endlos viele „Linden Leas“ und „King Davids“, um britische Kunstlieder aus dem vermeintlichen Jammertal nach Purcell und Dowland in kontinentale Köpfe zu schleusen.
Allein, es fehlt an Gelegenheiten – mangels Courage. Um so schöner also, dass Bejun Mehta hier gnadenlos insistiert. Und gewinnt. Der 43-Jährige Countertenor servierte sein CD-Programm „Down by the Sally Gardens“ (harmonia mundi) im Cuvilliéstheater. In der Philharmonie war mit Zubin die bekanntere Verwandtschaft zugange. Doch Bejuns Zuhörerschaft dürfte das deutlich größere Vergnügen gehabt haben, fern der im Gasteig zelebrierten Schubert- und Mahler-Üblichkeiten.
Mehta, der Sänger, ist ein grandioser Gestalter, einer, der die kleinste Beiläufigkeit einer Erzählung noch mit Spannung füllt. Einer, der ein simples Hallelujah am Schluss von Purcells „Lord, what is man?“ in völlig unerwartete Farben hüllt, bis hin zum fahlen Aschgrau der Verwesung. Überhaupt ist es das Mäandern in Liebes- und Lebensleid, das an diesem Abend so sehr besticht; Herbert Howells („King David“), Roger Quilter (William Shakespeare Songs) oder Gerald Finzi stehen da ihren elisabethanischen Kollegen kaum nach.
Nur überlässt Mehta das Feld nicht „Bonjour la Tristesse“, und im etwas körnigen Timbre seiner Stimme kann man schwerlich versinken. Das schafft eigene, aufregende Qualitäten, lässt durchs heikelste Sentiment feine Ironie blitzen, die Julius Drake lässig am Flügel pariert. Und ganz nebenbei hat der Counter auch eine gute Portion Witz. Nicht nur wenn er ein Kinderliedchen zum Händel-Hymnus aufdonnert.